In ihrem Sofortprogramm hat die Bundesregierung Ende Mai die „Aufhebung der Verpflichtung zur Erstellung einer Stoffstrombilanz zur Reduktion von übermäßigen bürokratischen Pflichten in der Landwirtschaft“ angekündigt. Ende letzter Woche legte Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer dann einen entsprechenden Erlass-Entwurf vor und gab ihn zur Stellungnahme an die Verbände. Die durften dann bis Montag dieser Woche eine Stellungnahme abgeben, denn schon am 24. Juni soll der Entwurf im Kabinett verabschiedet werden. Weder Bundesrat noch Bundestag sollen beteiligt werden. Die seit 2018 geltende Stoffstrombilanzverordnung soll noch vor der Sommerpause abgeräumt sein.
Für Rosa Braun, Klimareferentin bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), ist das Vorhaben „scharf zu kritisieren“. Und auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert das Vorgehen im „Hauruckverfahren“ als rechtswidrig und bemängelt angesichts der sehr kurzen Frist zur Verbändestellungnahme das Fehlen einer angemessenen demokratischen Beteiligung.
„Das Vorhaben über die Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung ist scharf zu kritisieren. Rechtliche Fragen in Bezug auf den angekündigten Prozess sind ungeklärt, ebenso die konkreten düngerechtlichen Auswirkungen für die landwirtschaftlichen Betriebe. Verursachergerechtigkeit und Planungssicherheit für Bäuerinnen und Bauern bleiben in weiter Ferne“, erklärt Rosa Braun in einer ersten Reaktion auf den Inhalt des Erlasses und das vom Minister gewählte Prozedere.
Und auch DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner übt deutliche Kritik: „Agrarminister Alois Rainer will auf rechtlich fragwürdigem Weg das deutsche Düngerecht entkernen und den Gewässerschutz opfern. Die geplante Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung steht in eklatantem Widerspruch zur EU-Wasserrahmenrichtlinie, zur Nitratrichtlinie sowie zum Düngegesetz – und auch juristisch auf wackeligen Füßen. Erst in diesem Jahr hat das Bundesverwaltungsgericht die Notwendigkeit zur Einhaltung des EU-Grenzwerts von 50 Milligramm Nitrat je Liter Grundwasser an jeder repräsentativen Grundwassermessstelle bestätigt. Ohne eine wirksame Stoffstrombilanz können die Verursacherinnen und Verursacher für Belastungen nicht ermittelt werden und die Grenzwerteinhaltung wird somit noch unwahrscheinlicher. Noch dazu werden mit dem Schnellschuss per Ministerverordnung Bundestag und Bundesrat umgangen. Das ist eine klare Missachtung der gesetzlich festgelegten demokratischen Beteiligungsverfahren. Wir werden alle rechtlichen Mittel prüfen, um den Gewässerschutz und das europäische Umweltrecht zu verteidigen.“
