Ministerin Otte-Kinast untersagt Langstreckentransport von Zuchttieren nach Marokko

Die Abfertigung eines Transports von 270 tragenden Zuchtrindern nach Marokko hat das niedersächsische Landwirtschaftsministerium (ML) am vergangenen Freitag untersagt. Zuvor hatten bereits Tierschutzorganisationen wie der Tierschutzbund und Vier Pfoten angesichts des geplanten Transports „Alarm“ geschlagen. Der Erlass des ML wurde dem Landkreis Aurich als zuständiger Behörde übersandt. Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast erklärte dazu: „Der Tierschutz hat für mich eine hohe Priorität. Deshalb gibt es keinen Freifahrtschein für diesen Transport mit tragenden Kühen nach Marokko. Leider müssen wir davon ausgehen, dass Tierschutzmindeststandards dort vor Ort nicht eingehalten werden. Deshalb verbieten wir diesen Transport.“ Konkret vertritt das Ministerium in dem Erlass die Rechtsauffassung, dass bei einem Export ein tierschutzwidriger Vorgang zu erwarten ist. Die ca. 270 Zuchtrinder würden mit hinreichender Wahrscheinlichkeit in Marokko tierschutzwidrig behandelt, weil bei einer Schlachtung der Tiere Tierschutzmindeststandards nicht gewährleistet sind. Das Schlachten ohne Betäubung (Schächten) ist gängige Praxis, dies ist in Deutschland nur in begründeten Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen unter Vermeidung von erheblichen Schmerzen und Leiden zulässig ist. Dabei ist es aus Sicht des ML irrelevant, dass es sich um Zuchttiere handelt. Die Rinder könnten aufgrund des Tiergesundheitsrechts nicht zurück in die EU gelangen und würden dementsprechend zwangsläufig in Marokko geschlachtet. Der Tierschutz ist seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Die Staatszielbestimmung verpflichtet dazu, dem Tierschutz zu einem möglichst hohen Stellenwert im Rechts- und Wertesystems zu verhelfen. Den Bund rief Otte-Kinast mit Verweis auf eine bereits im Februar erfolgte Entscheidung des Bundesrates auf, endlich zu handeln. „Wir brauchen ein Verbot der Beförderung von Tieren in Drittstaaten, in denen die Einhaltung des Tierschutzes nicht gewährleistet ist“, so die Ministerin. In der Entschließung fordern die Länder den Bund auf, von einer im Tierschutzgesetz enthaltenen Ermächtigungsgrundlage (§ 12 Abs. 2 Nr. 3 TierSchG) Gebrauch zu machen. Danach kann der Export von Rindern in bestimmte Länder verboten werden, wenn die Gefahr besteht, dass den Tieren in den Bestimmungsstaaten durch unsachgemäße Haltung und Umgang bis zu ihrer Tötung erhebliche Leiden, Schmerzen und Schäden zugefügt werden. Parallel setzt Ministerin Otte-Kinast sich auf EU-Ebene für einen besseren Tierschutz ein: „Die aus dem Jahr 2005 stammende Verordnung braucht dringend eine Überarbeitung!“ Aus Sicht der Ministerin müssten insbesondere individuelle Notfallpläne für Transportrouten verbindlich vorgelegt werden. Tierschutzbund: Das Schlupfloch Niedersachsen schließen
Bereits vor der Entscheidung aus Niedersachsen hatte der Tierschutzbund an den Bund und Ministerin Klöckner appelliert, ein sofortiges Moratorium für sämtliche Transporte dieser Art zu verhängen, gleichzeitig aber auch das Land Niedersachen aufgefordert, die dortigen Schlupflöcher zu schließen, zum Beispiel auch als Schlupfloch für 32 Zuchttiere aus Bayern auf ihrem Weg nach Marokko zu dienen. In einer Mitteilung des Tierschutzbundes heißt es dazu im Vorfeld der niedersächsischen Entscheidung: „32 hochträchtige Kühe will der Rinderzuchtverband Oberfranken e.V. in Bayreuth in den kommenden Tagen in das Viehmarktzentrum in Aurich-Schirum transportieren. Nach der Quarantäne in Aurich sollen die Tiere, als neuer Transport abgefertigt, ins Ausland verbracht werden. Endziel ist Marokko. Weil sich das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz seit Jahren bemüht, Tiertransporte in eine Reihe von Drittländern – darunter auch Marokko - zu unterbinden, wählen Zuchtverbände und Händler nun den Umweg über andere Bundesländer - darunter auch Niedersachsen. Bayern selbst hat keine rechtliche Handhabe, gegen den Transport vorzugehen, weil es sich von Bayern nach Niedersachsen um einen innerstaatlichen Transport handelt. Das Bayerische Verwaltungsgericht hatte im Januar 2021 entschieden, dass nur die Behörde, die den Transport in ein Drittland abfertigt, entscheiden darf, ob dieser den Rechtsvorgaben entspricht.“
08.05.2021
Von: FebL/PM

Niedersachsen untersagt Tiertransport nach Marokko. Foto: Deutscher Tierschutzbund/M.Karremann