Mindestalter für Kälbertransporte erhöht

Ab 2023 dürfen Kälber erst nach Vollendung der vierten Lebenswoche transportiert werden. Noch in den letzten Tagen ihrer Amtszeit verkündete die geschäftsführende Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am 30. November 2021 die veränderte Tierschutztransportverordnung. Diese wurde schon im Sommer 2021 im Bundesrat beschlossen. Die Novellierung beinhaltet unter anderem strengere Temperaturgrenzen bei Lebendtiertransporten sowie eine Erhöhung des Mindesttransportalters von Kälbern. Bisher dürfen Kälber bereits nach der zweiten Lebenswoche bis zu 19 Stunden lang transportiert werden. Vom 01.01.2023 an dürfen Kälber erst ab dem 28. Lebenstag transportiert werden. Ab diesem Zeitpunkt ist das Immunsystem der Kälber schon deutlich stabiler. In dem Gesetz heißt es: „Die Änderung hat erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Betriebe und Strukturen. In den Herkunftsbetrieben müssen ausreichende räumliche sowie personelle Kapazitäten geschaffen werden (bauliche Maßnahmen zur Einrichtung zusätzlicher, Anschaffung weiterer Kälberiglus, Erhöhung des Betreuungsaufwandes und des entsprechenden Personals für die Kälber aufgrund längerer Verweilzeit usw.). Bei den Transporten ist der Platzbedarf pro Tier auf den Transportfahrzeugen größer, was wiederum wirtschaftliche Folgen hat. Daher wurde eine Übergangszeit von einem Jahr als notwendig erklärt.“ Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin im Allgäu und im AbL-Bundesvorstand, kommentiert: „Es ist wirklich richtig und wichtig, wenn das Alter, ab dem die Kälber transportiert werden dürfen, von 14 auf 28 Tage angehoben wird. Ich glaube, auf vielen Milchviehbetrieben ist diese bevorstehende Änderung allerdings ein Grund mehr, sich die Haare zu raufen. Denn dann brauchen die Höfe mehr Platz für die Kälber, die längere Aufzuchtzeit erfordert zudem größeren zeitlichen Aufwand und höhere Kosten für die Milch oder das Milchpulver. Aber es gibt keine Alternative zu diesen Vorgaben. Die Frage ist doch jetzt, wer muss wo und wie eingreifen und Alternativen entwickeln, um aus diesem System rauszukommen. Und schnell muss es ja auch noch gehen. Hier rächt sich wieder mal, dass die große Problematik, die mit diesem Kälber- und Mastthema verbunden ist, bis jetzt von vielen Seiten unter der Decke gehalten wurde.“ Denn wie es aktuell aussieht, tragen die Milchbäuerinnen und -bauern die finanzielle Hauptlast der längeren Aufzuchtzeit. Gut wäre, wenn die neue Verordnung dazu beitragen könnte, dass ein verstärkter Einsatz von Zweinutzugsrassen oder der Belegung z. B der Färsen mit Fleischrassen attraktiver wird, oder dass Konzepte zur regionalen tierwohlfreundlichen Mast der Bullenkälber weiterentwickelt und ausgebaut werden. Die Tierschutz-Organisation PROVIEH schreibt: “Die Anhebung des Transportalters ist überfällig und aus tierschutzfachlicher Sicht begrüßenswert. PROVIEH fordert die neue Bundesregierung jedoch abermals auf, den Langstreckentransport nicht abgesetzter Kälber gänzlich zu verbieten, weil die Kälber auf der Fahrt nicht getränkt werden können und immunologisch geschwächt sind. Vor diesem Hintergrund kann die neue Transportverordnung nur als Zwischenschritt gewertet werden. Aus tierschutzfachlicher Sicht dürfen Kälber frühestens nach zwölf Wochen transportiert werden, wenn sie nicht mehr von der Milch abhängig sind und auch nur dann, wenn geeignete Trinkvorrichtungen bei den Transporten nachgewiesen sind.“ Auch PROVIEH sieht die sich daraus ergebenden „auch ernstzunehmende Herausforderungen für die Betriebe, die es zu lösen gilt“, damit daraus keine zusätzlichen Risiken für die Kälber resultieren. So seien die überschüssigen Kälber der Milchviehbetriebe bereits heute einem großen Risiko ausgesetzt, nicht hinreichend versorgt zu werden. Die unterirdischen Kälberpreise finanzieren häufig nicht einmal die Kosten für Futter, Arbeitszeit oder aber teure Tierarztbehandlungen. Dadurch sind die Kälber strukturell Vernachlässigung ausgesetzt. Eine verdoppelte Betreuungszeit von dann vier statt zwei Wochen erhöht den Aufwand der Betriebe und kann schlimmstenfalls noch höhere Kälberverluste nach sich ziehen. PROVIEH fordert die Bundes- und Landespolitik auf, die Betriebe mitzunehmen und praktikable Lösungen für Tierschutzprobleme zu erarbeiten. Sowohl genehmigungsrechtliche als auch finanzielle Mehrbelastungen für die Betriebe müssen aufgefangen werden. Bleibt diese Unterstützung aus, kann die für sich genommene Tierschutzverbesserung ins Gegenteilige umschlagen. Auch die Landwirtschaftskammern sowie einzelne Forschungsinstitute sind alarmiert und haben an das Bundesministerium appelliert, in der systemischen Problematik aktiv zu unterstützen
06.12.2021
Von: xb

Die Erhöhung des Mindestalters von Kälbern bei Transporten hat Konsequenzen für die landwirtschaftlichen Betriebe. Foto: AbL/Ganschow