Keine versteckte Gentechnik in Lebensmitteln und Landwirtschaft!

Umwelt- und Lebensmittelaktivisten, Landwirte, Unternehmen, Wissenschaftler und Politiker aus ganz Europa haben sich Mitte September im Europäischen Parlament zur 10. GMO FREE EUROPE-Konferenz getroffen. Zur Debatte steht der Vorschlag der EU Kommission zur weitgehenden Deregulierung der EU-Gesetzgebung zur Gentechnik in der Lebensmittel- und Landwirtschaft. Die Kommission schlägt die Ausnahme aller GVO vor, deren Veränderung unterhalb der willkürlich festgelegten Zahl von höchstens 20 Basenpaaren und höchstens 20 verschiedenen Stellen im Genom liegt. Sie könnten ohne Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit und damit Rückrufbarkeit vermarktet und freigesetzt werden. Für diese GVO wäre keine vorherige Risikobewertung und Zulassung erforderlich. Nach einer ersten Einschätzung des deutschen Bundesamtes für Naturschutz würden mehr als 90 Prozent der in der Pipeline befindlichen GVO, die mit Hilfe der neuen Gen-Editing-Technologie CRISPR-Cas erzeugt werden, unter diese Deregulierung fallen. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten nicht mehr frei entscheiden, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel essen wollen oder nicht. Lebensmittelhersteller könnten die Reinheit ihrer Produkte nicht mehr garantieren, obwohl eine große Mehrheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger eine klare Kennzeichnung von GVO in ihren Lebensmitteln fordert. Die Bio-Erzeuger wären verpflichtet, ihre Produkte auf eigene Kosten frei von GVO zu halten, hätten aber keine verlässliche Möglichkeit, sie zu identifizieren. Die Koexistenz zwischen gentechnischer und gentechnikfreier Landwirtschaft will die Kommission den Mitgliedsstaaten überlassen, ihnen aber das Recht nehmem, den Anbau von GVO auf ihrem Hoheitsgebiet zu verbieten oder zu regulieren. „Sollte dieser Vorschlag vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen werden, wäre dies das Ende des Vorsorgeprinzips in der europäischen Gentechnikgesetzgebung sowie der Wahlfreiheit und Transparenz für Verbraucherinnen und Landwirte“, sagte Benedikt Haerlin von „Save Our Seeds“, der seit 2005 die GMO FREE EUROPE-Konferenzen organisiert. „Die Deregulierung würde zudem den Saatgutmarkt grundlegend umgestalten, da die neuen, versteckten GVOs patentiert wären. Das Recht der Züchter und Landwirte auf freien Zugang zur genetischen Vielfalt des Saatguts könnte durch Patentansprüche der großen Saatgut- und Agrochemieunternehmen blockiert werden.“ Die über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der GMO FREE EUROPE-Konferenz wenden sich gegen die Annahme des Vorschlags und die Einführung versteckter GVO in die europäische Lebensmittel und Landwirtschaft wehren. „Wenn sie wirklich zur Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels, der Schadstoffemissionen und des Artensterbens beitragen wollen, sollten Hersteller und Befürworter von der neuen Gentechnik sich an gemeinsame Regeln halten und nicht versuchen, ihre GVO Landwirten und Verbrauchern aufzuzwingen“, so Haerlin.

 

Link zum Nachhören: https://www.gmo-free-regions.org/de/gmo-free-europe-conference-2023/programme.html