Um die Gemeinsame EU-Agrarpolitik (GAP) zukünftig nach dem Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ auszurichten, legt der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) mit der
„Gemeinwohlprämie“ einen nach eigenen Angaben „umfassenden und praxistauglichen Vorschlag“ zur Ausgestaltung der Eco-Schemes („Öko-Regelungen“) im Rahmen der GAP nach 2020 vor. Im Mittelpunkt der Gemeinwohlprämie steht laut DVL das unternehmerische Denken und Handeln von Landwirten. Der DVL-Vorsitzende Josef Göppel fordert: „Die Verantwortlichen in Deutschland sollten bei ihren aktuellen Beratungen diesen neuen Impuls für die Ausgestaltung der GAP aufgreifen. Die EU lässt uns diesen Gestaltungsspielraum“.
Die Gemeinwohlprämie basiert auf einem
Bewertungs- und Honorierungssystem für insgesamt 19 Maßnahmen auf Acker, Grünland und Sonderkulturen sowie Stickstoff- und Phosphor-Bilanzen. Zu den Maßnahmen zählen beispielsweise eine kleinteilige Acker- oder Grünlandbewirtschaftung, Sommergetreide, Leguminosen und deren Gemenge, unbearbeitete Stoppeläcker, Dauergrünland, Weide, Streuobst mit Grünlandnutzung, Blüh- und Nützlingsstreifen und der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger. Landwirtinnen und Landwirte können so ihre im Rahmen der 19 Maßnahmen erbrachten Gemeinwohlleistungen passgenau für ihren Betrieb kalkulieren. Diese werden ihnen dann über die 1. Säule der GAP einkommenswirksam entgolten. Über die 2. Säule kann dieser flächenhafte Ansatz schwerpunktmäßig durch gezielte, qualitativ hochwertige und mehrjährige Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen ergänzt werden. „Dieses Prinzip greift das unternehmerische Selbstverständnis der Landwirte auf, motiviert zu mehr Umweltschutz und passt deshalb sehr gut in die Zeit“, sagt Göppel.
Der DVL fordert in der GAP endlich einen Systemwechsel, um auf die drängenden Herausforderungen wie den Klimawandel und den Biodiversitätsverlust zu reagieren. „Der Vorschlag dazu liegt jetzt auf dem Tisch und alle Betriebe, von Schleswig-Holstein bis Baden-Württemberg können mitmachen“, betont Dr. Jürgen Metzner, Geschäftsführer des DVL. „Mit einem ‚Weiter so‘ würden drängende Probleme nur verschoben!“, mahnt Metzner.
Dem DVL ist dabei wichtig festzustellen, dass es sich bei dem Konzept der Gemeinwohlprämie nicht um ein theoretisches Gedankenmodell, sondern um ein auf umfangreichen praktischen Untersuchungen basierendes Konzept. Erkenntnisse aus Schleswig-Holstein wurden mit Hilfe von Landschaftspflegeorganisationen aus Brandenburg, Sachsen und Baden-Württemberg weiterentwickelt. Dabei wurden Daten von 93 landwirtschaftlichen Betrieben unterschiedlicher Betriebstypen erhoben und naturschutzfachlich evaluiert. Zusätzlich überprüfte das „Thünen Institut für Ländliche Räume“ durch Befragungen in Agrar- und Umweltverwaltungen, wie die Maßnahmen in den Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystemen (InVeKoS) der Bundesländer administriert und kontrolliert werden können. Die Agrarökonomen Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann und Dr. Gunnar Breustedt (Universität Kiel) haben die Berechnungsmethode weiterentwickelt und Modellrechnungen zur Ermittlung der Betriebszahlungen durchgeführt. Die Arbeiten erfolgten im Rahmen eines 2,5-jährigen Forschungs- und Entwicklungsprojektes des Bundesamtes für Naturschutz, gefördert mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
Ein Bewertungssystem, um die von den Bauern und Bäuerinnen erbrachten Leistungen für die „allgemeine Biodiversität“ wie bei dem DVL-Vorschlag, aber darüber hinausgehend beispielsweise auch im Rahmen der Tierhaltung zu honorieren, hat auch die
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) vorgelegt, um die sowohl von DVL als auch der AbL geforderte notwendige Neuausrichtung bei der Vergabe der EU-Agrargelder zu erreichen.