Im Vorfeld der von der EU-Kommission heute veranstalteten Konferenz unter dem Titel“ „Die Zukunft der Landwirtschaft und des Agrar- und Ernährungssektors gestalten“ haben 38 Verbände aus Landwirtschaft, Umwelt, Tierschutz und Entwicklungszusammenarbeit im Rahmen der Verbände-Plattform ihre Vorschläge für die zukunftsfähige Ausgestaltung des Mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) der EU sowie der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) veröffentlicht.
Auf der Konferenz soll über die Vision diskutiert werden, die am 19. Februar von Agrarkommissar Hansen veröffentlicht wurde und auf dem Bericht des Strategischen Dialogs zur Zukunft der EU-Landwirtschaft aufbaut. Im Kern geht aus der Vision zur Zukunft der Landwirtschaft und Ernährung hervor, dass die Landwirtschaft wieder stärker auf globale Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet werden soll. Weder der Green Deal noch die Farm to Fork-Strategie werden in dieser erwähnt.
Gleichzeitig wird in der EU aktuell massiv um den künftigen EU-Haushalt (MFR 2028 – 2034) gerungen. Hierbei verdichten sich die Hinweise auf drohende Kürzungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ebenso wie darauf, dass es im nächsten MFR zu einer weitreichenden Renationalisierung und Flexibilisierung für die Mitgliedstaaten kommen könnte. Dies birgt die große Gefahr, dass ökologische und soziale Mindeststandards weiter abgesenkt und letztlich vor allem die Fördergelder für ökologische Leistungen der Landwirtschaft gestrichen werden. Leittragende einer solchen Entwicklung wären neben dem Natur- und Tierschutz vor allem die Bäuerinnen und Bauern, die bereits heute unter besonderer Achtung der planetaren Grenzen qualitativ hochwertige Lebensmittel erzeugen. Ihre Wettbewerbsfähigkeit würde massiv geschwächt.
In der von den Verbänden im Vorfeld der Konferenz und im Zuge des Konsultationsverfahrens zum MRF vorgelegten Stellungnahme fordern die Verbände die EU-Kommission auf, den EU-Mitgliedstaaten im künftigen MFR und der GAP klare Vorgaben zu machen, die ein ansteigendes Ambitionsniveau zum Erhalt der natürlichen Produktionsgrundlagen gewährleisten. Nur so könne eine sichere und krisenfeste Ernährung langfristig gewährleitet werden, so die Verbände. Die in der Stellungnahme weiter beschrieben Vorgaben umfassen dabei im Kern:
- Sie Sicherstellung der Verwendung der GAP-Mittel im Sinne des Umwelt-, Klima- und Tierschutzes sowie der sozialen Gerechtigkeit.
- Die Festschreibung eines deutlich erhöhten und kontinuierlich ansteigenden Mindestbudgets für die Öko-Regelungen und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM).
- Eine flächendeckend einkommenswirksame Ausgestaltung der Prämienhöhen der Öko-Regelungen und AUKM sowie die Berücksichtigung agrarstruktureller, sozioökonomischer und standortspezifische Gesichtspunkte bei deren Berechnung.
- Schlanke aber effiziente Grundanforderungen für den Erhalt von Fördermitteln.
- Eine Gemeinsame Marktordnung (GMO), die Bäuerinnen und Bauern durch ein gemeinsames Marktmanagement und eine verbesserte Position in der Wertschöpfungskette in die Lage versetzt, gewinnbringende Preise erzielen zu können.
- Die Sicherstellung eines eigenständigen Budgets für die GAP und die ländliche Entwicklungspolitik, wobei die Mittel bezüglich der bestehenden ökologischen und sozialen Herausforderungen zwingend gezielter und wirksamer eingesetzt werden müssen.
- Eine europaweit festgeschriebene konzeptbasierte, nicht flächenbezogene Existenzgründungsprämie zur Förderung junger und neuer Betriebsleiter:innen.
Eine Chance sehen die Verbände unabhängig von der Struktur des MFR und der GAP-Instrumente in der von der EU-Kommission vorgeschlagenen stärkeren Leistungsorientierung für die Verwendung von EU-Mitteln, wie sie auch der Strategische Dialog und die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) empfehlen. Danach müssen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten für den Erhalt von EU-Geldern sehr viel stärker als bisher nachweisen, ob und wie deren Verwendung dazu beiträgt, die konkreten ökologischen, sozialen und tierschutzbezogenen Zielsetzungen der EU zu lösen. Die Verbände weisen gleichzeitig aber auch darauf hin, dass die GAP bereits mit Beginn der laufenden Förderperiode auf ein „delivery model“ umgestellt wurde, welches auf Basis von Indikatoren die Umsetzung von Zielen sicherstellen soll. Die Praxis zeigt jedoch, dass dies bislang nicht zu einer Trendwende bei den ökologischen, sozialen und tierschutzbezogenen Herausforderungen in der Landwirtschaft geführt hat – im Gegenteil.
Zum Hintergrund
Am 12. Februar veröffentlichte die Europäische Kommission ihre Eckpunkte zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2028 – 2034 der Europäischen Union (EU). Am 19. Februar folgte die Veröffentlichung ihrer "Vision für Landwirtschaft und Ernährung. Gemeinsam einen attraktiven EU-Agrar- und Lebensmittelsektor für künftige Generationen gestalten". Die beiden Dokumente gelten bezüglich der im Laufe des Jahres erwarteten Vorschläge der Europäischen Kommission für den kommenden MFR sowie die kommende GAP nach 2027 als richtungsweisend.
In der Verbände-Plattform zur Gemeinsamen Agrarpolitik der Europäischen Union (GAP) erarbeiten die teilnehmenden und unterzeichnenden Verbände aus Landwirtschaft, Umwelt-, Natur-, Klima-, Verbraucher- und Tierschutz sowie der Entwicklungszusammenarbeit, zu denen unter anderem die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bioland, die katholische Landvolkbewegung sowie BUND, NABU, Greenpeace, der deutsche Tierschutzbund, Germanwatch, der Deutsche Naturschutzring und der Deutsche Verband für Landschaftspflege gehören, gemeinsame Stellungnahmen und Forderungen zur GAP.
Die gesamte Stellungnahme der Verbände-Plattform findet sich hier auf Deutsch oder Englisch. Die Stellungnahmen der Verbände-Plattform zur bisherigen sowie der laufenden GAP-Förderperiode finden sich hier.