FrieslandCampina sucht Weidemilch, will aber nichts extra zahlen

Die niederländische Genossenschaftsmolkerei sucht für den deutschen Markt deutsche Milchviehhalter, die die Anforderungen von „Pro Weideland“ erfüllen. Denn in nächster Zeit legt der LEH seine Aufmerksamkeit auch auf Milch und Milchprodukte. Das gilt wohl auch für die Haltungsform 3 (Weidehaltung), in die auch das Programm „pro Weideland“ eingeordnet wird. FrieslandCampina möchte möglichst schnell starten, um sich als leistungsfähiger Partner auch für gehobene Milchstandards anbieten zu können. Dafür muss man gesonderte Erfassung und Verarbeitung organisieren, aber vor allem ausreichend Milchviehhalter finden. Denn der Anteil an Betrieben mit 120 Tage Weidehaltung im Jahr ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen, weil sich für viele Betriebe mit größeren Herden eine reine Laufstallhaltung mehr lohnt. Es werden einfach Betriebe gesucht, die das sowieso schon können. Unter den Mitgliedern macht sich Kritik breit. Eine Bäuerin lässt ihren Frust raus: „Was mich gerade richtig sauer macht ist die Tatsache, dass wir dafür überhaupt gar NICHTS an zusätzlichem Milchpreis bekommen werden!!! Aber natürlich kommt zusätzlicher Aufwand in Form eines zusätzlichen Audits und einer zusätzlichen Teilnahme am Antibiotika- und Schlachtbefundmonitoring. Begründet wird das damit, dass FrieslandCampina ja bereits ein Weidegeld bezahlt (offiziell 1,5ct, genau genommen 1,15 ct, weil 0,35ct vorher zur Umverteilung einbehalten werden).“ Julia Demmer, Vertriebsdirektorin im deutschsprachigen Raum erklärt die Maßnahme als einen wichtigen Schritt im Wertschöpfungskonzept. „Wir sehen in der Einführung der Haltungsform einen klaren Wettbewerbsvorteil, da wir durch unsere bestehenden Maßnahmen bereits viele der geforderten Kriterien für höhere Haltungsstufen erfüllen – sowohl bei Käse, als auch bei Milchbasis-Produkten. Gemeinsam mit einem Kunden im Discount planen wir, als einer der ersten Hersteller mit Private-Label-Frischmilch und -Käse in der Haltungsform 3 einzusteigen. Mittelfristig sehen wir hier weitere Chancen für diese Sortimente, auch unter unseren Marken.“ Diesen Wettbewerbsvorteil sollen offensichtlich die Erzeuger mitbezahlen, denn mit 1,5 ct/kg sind die Kosten der zusätzlichen Auflagen nicht ausgeglichen. Kriterien für „ProWeideland“:
• Gentechnikfreie Fütterung
• Enthornung mit Schmerzlinderung
• Keine Anbindehaltung
• Weidegang (mindestens 6 Stunden an 120 Tagen)
• Dauergrünland (mindestens 2000 m2/Kuh, davon mindestens die Hälfte am Hof)
• Scheuerbürste
• Teilnahme an Antibiotika- und Schlachtdatenmonitoring
(Weitere Informationen siehe: www.proweideland.eu) Gewinnwachstum und Mitgliederschwund
FrieslandCampina steht aber noch wegen der enttäuschenden Nachzahlungs- Nullrunde nach dem Gewinneinbruch 2020 in der Diskussion. Für 2021 wird eine Barnachzahlung von 0,14 ct/kg „gewährt“. Nach wie vor kämpft der Milchriese mit einem Mitgliederschwund. 536 Betriebe (4,8%) sind im letzten Jahr ausgetreten, seit 2017 insgesamt 2.100 Mitglieder. Außerdem sind kurzfristig 1745 der 23.800 Mitarbeiter gekündigt worden. Trotzdem (oder deshalb?) konnte der Jahresüberschuss gegenüber dem Vorjahr verdoppelt werden. Vor allem in der zweiten Jahreshälfte sei Umsatz und Ergebnis kräftig angezogen, gab der Vorsitzende Schumacher bekannt. Gerade dies Entwicklung rief auch Kritik unter den Genossenschaftsmitgliedern hervor. Denn die explodierenden Marktpreise in den letzten Monaten waren erst sehr verspätet und auch nur teilweise an die Milchviehhalter weitergegeben worden. Auch heute werden die Börsenmilchpreise von ca. 58 ct/kg von den Molkereien erst einmal für die eigenen Kosten und Marge genutzt. Dabei steigen die Preise an den europäischen und internationalen Spotmärkten weiter steil an. Aber da der Erzeugerpreis immerhin Anfang 2022 in (relative, bei steigenden Kosten) Rekordhöhen gestiegen ist, bleibt die Unruhe verhalten.