EMB: Wir haben keine kleine Krise, sondern Bedingungen einer Kriegswirtschaft im Milch- und Lebensmittelsektor

Explodierende Produktionskosten, Trockenheit, fehlende Futtermittel, Düngemittelknappheit, massive Hofaufgaben sowie Schließungen von Molkereien und anderen Lebensmittelverarbeitern und ein Rückgang der Milchmenge – es ist ein ganzes Paket an Problemen, die den Milch- sowie allgemein den Lebensmittelsektor massiv belasten. Darauf weist das European Milk Board (EMB) hin und fordert aus diesem Grund von der EU und den Mitgliedsstaaten aktuelle Maßnahmen für die Sektoren und die Bevölkerung, die Folgendes enthalten sollen:

  • Eine Deckelung der Energiepreise für Milchbetriebe, Milchverarbeiter sowie weitere Akteure der Milchkette und des Lebensmittelsektors. Die unter anderem auch durch Spekulation bedingte Kostenexplosion kann nicht von den Milcherzeugern und ihren Familien getragen werden.
  • Einen finanziellen Energiezuschuss für die produzierenden Höfe und Verarbeiter.

„Die einzelnen Akteure im Agrarsektor und in der Lebensmittelkette sind auf gemäßigte Energie- und Produktionsmittelpreise angewiesen. Zur Zeit fallen sie nach und nach wie die Dominosteine um und reißen jeweils den nachfolgenden Teilnehmer der Kette noch mit“, so Sieta van Keimpema – Vorsitzende des European Milk Board (EMB). „Ich nenne nur eines von vielen Beispielen, die den Agrar- und Lebensmittelsektor aktuell kennzeichnen: Hohe Gaspreise bewirken einen Produktionseinbruch beim Dünger, die dadurch gestiegenen Preise sowie der Dünger- und auch Futtermittelmangel belasten die Landwirte neben den auch für sie gestiegenen Energiekosten und den weiter zu niedrigen Erzeugerpreisen noch einmal massiv und lassen die Produktion hier zurückgehen. Das wirkt sich auch auf die Lebensmittelverarbeiter aus, die zudem aufgrund der eigenen hohen Energiepreise vielerorts ihre Türen schließen.“

Wir haben keine kleine Krise, sondern man kann schon von den Bedingungen einer Kriegswirtschaft sprechen, mit denen wir konfrontiert sind, so weitere Vertreter des EMB-Vorstandes. Dies müsse sehr ernst genommen und mit konstruktiven Schritten von EU-Seite gelöst werden.

Maßnahmen, die die Akteure in diesen Sektoren selbst ergreifen können und auch ergriffen haben, um Entspannung zu bringen, sind längst ausgeschöpft. Speziell die Milchhöfe sind ausgezehrt von den Krisen der vergangenen Jahre und unter den aktuellen Bedingungen nicht in der Lage, weiter zu produzieren. Doch es sei keine Option, die produzierenden und verarbeitenden Akteure hier eingehen zu lassen, da dadurch die EU-Nahrungsmittelproduktion gefährlich schrumpfen würde. „Die EU-Bevölkerung muss ausreichend ernährt werden“, betont der Vizevorsitzende des EMB, Kjartan Poulsen. „Und dazu muss man die Produktionsgrundlage mit passenden Maßnahmen aufrechterhalten.“

Für die Zukunft soll es jedoch eine tiefgehende Änderung des Agrarsystems geben, die kostendeckende Preise inklusive fairer Einkommen für die Milcherzeugung möglich macht. „Nur wenn wir hier das System grundlegend in Richtung soziale Nachhaltigkeit sanieren – also dafür sorgen, dass Erzeuger ihren Lebensunterhalt bestreiten können – kann eine stabile Produktionsstruktur und damit auch langfristig unsere EU-Ernährungssouveränität sichergestellt werden“, so Poulsen weiter.