Die Preissituation in der Landwirtschaft ist nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in den Sektoren Ackerbau und seit kurzem auch Milch als positiv zu bewerten, wohingegen der Schweinesektor wirtschaftlich immer noch kritisch dasteht. Aber zumindest im Milchsektor kann aus Sicht der AbL keine Rede von „festen Erzeugerpreisen“ sein, wie von interessierter Seite behauptet wird. Damit künftige Preiskrisen verhindert werden und Bäuerinnen und Bauern wirtschaftlich in die Lage versetzt werden, Qualitäten in der Erzeugung weiterzuentwickeln, braucht es klare politische Zielbilder, Orientierung und marktpolitische Rahmen für Bäuerinnen und Bauern. Vertreter:innen aus der Landwirtschaft, AbL-Vorstandsmitglied und Milchbäuerin Elisabeth Waizenegger sowie BDM-Vorstandsmitglied Elmar Hannen, und aus dem Verbraucherschutz, Jutta Jaschke vom Bundesverband Verbraucherzentralen, machen dafür in einer Videobotschaft zum Milchmarkt Vorschläge.
Anlässlich der Veröffentlichung der Videobotschaft kommentiert Ottmar Ilchmann, Milchsprecher des AbL-Bundesverbandes, die Marktlage: „Nach vielen Jahren einer Kostenunterdeckung liegen seit Sommer die Erzeugerpreise für Milchbäuerinnen und -bauern oberhalb der Kosten. Das ist ein Novum, aber reicht bislang nicht aus, um die Verluste der letzten Jahre auszugleichen. Auch zeichnet sich auf dem Markt bereits ein Preisrückgang ab, den Expert:innen schon ab Januar erwarten. 45 Cent/kg Milch heute sind aufgrund der gestiegenen Produktionskosten vergleichbar mit 25 Cent/kg Milch vor noch zwei Jahren. Wir müssen auch wahrnehmen, dass derzeit vor allem die Qualitätsmärkte verlieren. So ist zum Beispiel der Biomilchabsatz zurückgegangen und die Erzeugerpreise sind längst nicht so auskömmlich wie beim konventionellen Markt. Minister Özdemir könnte jetzt positive Marktsignale setzen, indem er den Art. 148 der Gemeinsamen Marktorganisation einsetzt. Dadurch könnte ein Teil der Milchbäuer:innen ab sofort Lieferverträge mit Preis, Menge, Qualitäten und längeren Laufzeiten aushandeln. Das wäre ein erster Schritt, um die Marktposition der Erzeugerstufe zu verbessern und künftige Preiskrisen zu verhindern.“
Und Lucia Heigl, stellvertretende AbL-Bundesvorsitzende, sagt mit Blick auf die Videobotschaft: „Uns Bäuerinnen und Bauern ist bewusst, dass die gestiegenen Preise für die Konsument:innen aktuell zusätzliche Belastungen bedeuten. Deshalb ist es wichtig, dass sich in der AbL-Videobotschaft Bäuer:innen und Verbraucherschützer:innen gemeinsam zu Wort melden. Wir wollen deutlich machen, dass die viele Jahre anhaltende Tiefpreiskrise auf den Milchviehbetrieben – aktuell auch auf schweinehaltenden Betriebe – uns Bäuer:innen massiv den Weg zum Umbau versperrt. Tierwohl, Klimaschutz und Artenvielfalt kosten die Betriebe mehr Geld. Deshalb muss der anstehende Umbau der Milchkuhhaltung an den Empfehlungen der Borchert-Kommission angelehnt werden. Wir brauchen deutlich mehr Tierwohlkriterien und langfristige wirtschaftliche Perspektiven. Weidehaltung muss eine maßgebliche Rolle spielen.“
In der Videobotschaft erklärt Elisabeth Waizenegger, dass die Bauern und Bäuerinnen grundsätzlich bereit sind, ihre Ställe tierwohlgerecht umzubauen. Die dafür notwendigen Maßnahmen, wie beispielsweise Weidehaltung, verursachen jedoch mehr Arbeit und höhere Kosten und diese werden bisher im Markt nicht abgebildet. Daher ihre Forderung: „Bundeslandwirtschaftsministerium und Bundesregierung sind jetzt am Zug. Sie müssen den Umbau der Tierhaltung für uns machbar gestalten. Sie müssen ein verlässliches Finanzierungskonzept für die Höfe vorlegen. Denn sonst wird dieses Umbauprogramm zu einem Ausstiegsprogramm und genau das wollen wir nicht.“
Konkrete entsprechende Forderungen an den Handel stellt Jutta Jaschke vom Bundesverband Verbraucherschutz. Die Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich mehr Tierschutz und mehr Klimaschutz und das könne die Weidehaltung leisten. Aber: „Das macht Aufwand und verursacht Kosten und deswegen fordern Landwirtinnen und Landwirte einen Ausgleich für diesen Mehraufwand in Form von 5 Cent pro Liter Weidemilch. Der Handel nimmt einen Großteil der Weidemilch auch auf, stellt sie in die Regale, aber kennzeichnet sie nicht und dadurch können Verbraucher das gar nicht erkennen. Und vor allen Dingen honoriert er den Landwirtinnen und Landwirten diesen Mehraufwand, die Leistung, die sie erbracht haben, nicht. Das ist unfair für Landwirte und Verbraucher gleichermaßen und muss umgekehrt werden“, erklärt Jaksche.
Und ein „klares Votum“ formuliert im Video auch Elmar Hannen vom BDM. „Wir können alle Leistungen, die die Gesellschaft von uns fordert, Umweltleistungen, Klimaleistungen, Tierwohlleistungen, liefern, Aber wir müssen sie am Markt auch bezahlt wissen. Und die Forderung, dass die Transformation der Landwirtschaft vom Markt mitfinanziert werden muss, muss endlich in die Tat umgesetzt werden. Das wird die Aufgabe der nächsten Wochen und Monate sein. Dass wir als Landwirte eine Perspektive bekommen. Sonst werden wir zu viele Betriebe verlieren und für die junge Generation keine Perspektive bieten können. Also klares Votum: Wir müssen eine Erzeugungskostenermittlung am Markt etablieren und alle Mehrwerte müssen on top einen Preis bekommen, der dann mit dem Produkt am Markt auch durchzusetzen ist“, so Hannen.