AbL zum Chef-Wechsel bei Bayer: Zugang zu Saatgutvielfalt statt Abhängigkeit von Gentechnik-Konzernen

Die Aktie im freien Fall, die Monsanto-Übernahme ein Desaster, die Investoren stinksauer: Bayer-Chef Werner Baumann muss sein Amt räumen. So beginnt die Süddeutsche Zeitung eine Meldung zu dem vom Aufsichtsrat des Bayer-Konzerns verkündeten Beschluss, zum 1. Juni einen neuen Vorstandsvorsitzenden, Bill Anderson, bestellt zu haben. Der Vertrag des Noch-Vorstandsvorsitzenden hat eine Laufzeit bis April 2024. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) begrüßt das vorzeitige Ausscheiden des Bayer-Chefs Werner Baumann, hält diesen Schritt aber nicht für ausreichend. „Es ist eine verengte Sichtweise, die Diskussion jetzt nur um die Person von Werner Baumann und seine Fehlentscheidungen zur Bayer/Monsanto-Fusion zu führen“, erklärt Georg Janßen, AbL-Bundesgeschäftsführer, und fährt fort: „Als 2017 die EU-Kommission über die geplante Fusion beraten hat, war die AbL mit ihren Warnungen, kartellrechtlichen Bedenken und der klaren politischen Ablehnung allein auf weiter Flur. Die Führungsspitze des Deutschen Bauernverbandes hatte sich für die Fusion ausgesprochen. Die schwarzrote Bundesregierung mit Wirtschaftsminister Altmaier und Landwirtschaftsministerin Klöckner haben dem Bayer-Konzern die Steigbügel gehalten und die Fusion durchgewunken. Das Ziel war verlockend: Der Konzern wollte die Lebensmittelerzeugung in den Griff bekommen, vom Acker des Bauern bis zum Teller des Verbrauchers. Deshalb der Milliardendeal, um im sehr lukrativen Saatgutgeschäft die Nummer Eins zu werden.“

Wenn aus der Corona-Pandemie und dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine wichtige Lehre gezogen werden könne, dann doch die, dass Abhängigkeiten von Staaten und Konzernen beendet werden müssen. „Deshalb muss Ziel der Ampel-Bundesregierung sein, dass wir Zugang zu Saatgutvielfalt statt Abhängigkeiten von Gentechnik-Konzernen bekommen, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Deshalb fordern wir die Bundesminister Habeck und Özdemir auf, die Konzernmacht zu begrenzen und strengere kartellrechtliche Maßnahmen einzuführen", so Janßen.

Annemarie Volling, Gentechnik-Expertin der AbL, ergänzt: „Der Nachfolger Bill Anderson hat viele Hausaufgaben: Die Betroffenen der berechtigten Glyphosat- und Dicamba-Klagen sind zu entschädigen. Bayer muss seine Zulassungsanträge für krebsverdächtige Pestizide zurücknehmen. Aus Wettbewerbssicht darf es keine horizontalen Fusionen geben. Bayer muss seine Saatgutsparte abgeben, und zwar in die Hände von vielen Saatgutunternehmen. Die Oligopolstellung, die Bayer bei vielen Saatgut-Kulturen hat, muss aufgebrochen werden. Alle Patente müssen aufgehoben werden und auch die Linien von Hybridsaatgut sind wieder der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Der Zugang zu Saatgutvielfalt ist die Grundvoraussetzung, um die kommenden Herausforderungen wie die Anpassung an die Klimakrise zu stemmen. Die Politik muss entsprechende Rahmenbedingungen setzen. In diesem Fall: Patente stoppen, neue Gentechnik nach EU-Gentechnikrecht regulieren."