Die Agrarökologie birgt großes Potenzial, um die Landwirtschaft an den Klimawandel anzupassen und Agrarökosysteme widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels zu machen. Das ist die Botschaft einer
Studie, die im August von der UN-Welternährungsorganisation FAO und der Schweizer Stiftung Biovision veröffentlicht wurde. Die Auswirkungen des Klimawandels stellen Bäuerinnen und Bauern weltweit vor enorme Herausforderungen. Dürren, Unwetter und Überschwemmungen bedrohen ihre Existenz und Ernährungssicherheit. In Subsahara-Afrika, das im Fokus der Studie steht und wo aktuellen Zahlen der FAO zufolge ohnehin schon 22% der Bevölkerung chronisch unterernährt sind, trifft es Landwirte besonders hart: Unregelmäßige Regenzeiten, Dürren, Stürme und Überflutungen zerstören immer häufiger ihre Ernten und damit ihre Lebensgrundlage. Unsere Ernährungssysteme müssen dringend nachhaltiger und widerstandsfähiger gestaltet werden, betonen die Autoren. „Die vorliegende Studie (…) liefert solide Beweise dafür, dass vielfältige agrarökologische Systeme, die auf lokalen Gemeinschaften aufbauen, die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel erhöhen“, schreiben René Castro von der FAO und Frank Eyhorn, Geschäftsführer von Biovision, im Vorwort zum Bericht. „Die Agrarökologie ist kein Patentrezept, aber sie liefert dringend benötigte Impulse und Prinzipien, um Ernährungssysteme im Einklang mit den UN-Nachhaltigkeitszielen umzugestalten.“
Die Studie führt die Ergebnisse drei verschiedener Analysen zusammen: Die Autoren untersuchten zum einen die Rolle der Agrarökologie in der internationalen Klimapolitik, insbesondere im Rahmen der Prozesse der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC). Zum anderen wurde eine Metaanalyse von wissenschaftlichen Peer-Review-Studien zu Agrarökologie und Klimawandel vorgenommen und drittens zwei Fallstudien ausgewertet, die sich die institutionellen Rahmenbedingungen für Agrarökologie in Kenia und im Senegal sowie die Widerstandsfähigkeit agrarökologischer Systeme im Feld ansehen. Laut der Meta-Analyse gibt es robuste wissenschaftliche Belege, die zeigen, dass agrarökologische Methoden, einschließlich des Ökolandbaus, die Klimaresistenz erhöhen. Das liegt daran, dass sie auf Schlüsselelementen aufbauen, die für die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel wichtig sind. „Agrarökologie erhöht die Anpassungsfähigkeit und verringert die Verletzlichkeit von Agrarökosystemen, vor allem durch verbesserte Bodengesundheit, Biodiversität und hohe Diversifizierung von Arten und genetischen Ressourcen innerhalb landwirtschaftlicher Produktionssysteme“, heißt es in der Studie. So tragen agrarökologische Methoden etwa zur Erhöhung der organischen Bodensubstanz (Kohlenstoffbindung) bei. „Gesunde Böden sind der Schlüssel für eine nachhaltige Landwirtschaft und für Ernährungssysteme, welche mit den Herausforderungen des Klimawandels umgehen und Ernährungssicherheit garantieren können“, sagte der Mitautor der Metaanalyse Adrian Müller vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL), das zur Studie beigetragen hat. „Die Umsetzung der Agrarökologie in die Praxis und der biologische Landbau haben solche gesunden Böden zur Folge und verdienen deshalb umfassende Förderung.“
Die zwei Fallstudien zeigen, dass bäuerliche Betriebe, die sich in Kenia und Senegal an agrarökologischen Projekten beteiligten, widerstandsfähiger gegenüber den Folgen des Klimawandels sind als Betriebe aus der Kontrollstichprobe und sie besser Krisenzeiten bewältigen und ihre Familien ernähren konnten. Die Studie ergab auch, dass es der interdisziplinäre und systemische Charakter der Agrarökologie ist, der ihr Transformationspotenzial ausmacht. Doch genau darin liege auch die Herausforderung: Agrarökologie ist wissensintensiv und um sie in der landwirtschaftlichen Ausbildung, Beratung und Forschung voranzubringen, bedarf es geeigneter Strategien. Heutige Gesetze, Politikinstrumente und Strategien greifen hier in der Regel jedoch zu kurz. Die Studie enthält auch Empfehlungen, wie das Potenzial der Agrarökologie voll ausgeschöpft werden kann. Angesichts der soliden Wissensbasis müsse darauf hingewirkt werden, dass sie als tragfähige Anpassungsstrategie an den Klimawandel anerkannt wird. Positiv zu vermelden sei bereits, dass die Agrarökologie an Schwung gewinnt: Immer mehr Länder und Interessenvertreter mit unterschiedlichen Hintergründen würden die Agrarökologie und verwandte Ansätze als ein vielversprechendes Mittel betrachten, u.a. als relevanten Ansatz in den internationalen Agrar-Klima-Diskussionen. Zudem empfehlen die Autoren, die Hindernisse für die Verbreitung der Agrarökologie entschlossen anzugehen: Ein verbesserter Zugang zu Wissen und Verständnis für systemische Ansätze müsse in allen Sektoren und unter allen Stakeholdern auf allen Ebenen gefördert werden. „Die Politik muss ein günstiges Umfeld und gleiche Ausgangsbedingungen schaffen, um die Übernahme agrarökologischer Prinzipien zu fördern. Eine evidenzbasierte Politikgestaltung ist daher das Gebot der Stunde“, betonen Castro und Eyhorn im Vorwort. Zudem braucht es den Autoren zufolge weitere vergleichende Forschung zu Agrarökologie. „Die Entscheidungsträgerinnen und -träger sind jetzt gefragt, die Weichen neu zu stellen – und zwar in Richtung Agrarökologie“, fordert Eyhorn. (ab)
Eine Meldung von weltagrarbericht.de
Eine Kurzfassung der Studie auf deutsch findet sich
hier.