Anbau von Gentechnik-Mais vor neuen Problemen

Der in Europa umstrittene gentechnisch veränderte Mais MON810 produziert Insektizide und darf seit rund 20 Jahren in Spanien angebaut werden. Nun sieht sich der Anbau der transgenen Pflanzen mit neuen Problemen konfrontiert: Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass sich Teosinte, eine unkrautartige Verwandte des Mais, in ihren biologischen Eigenschaften so verändert hat, dass der weitere Genaustausch mit Mais erleichtert wird. Damit wird eine mögliche Hybridisierung mit Gentechnik-Mais wahrscheinlicher. So könnte ein neues Superunkraut entstehen. Das teilt das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech mit. Ein Genaustausch zwischen Teosinte und konventionell gezüchtetem Mais ist in Europa bereits erfolgt. Dadurch habe sich die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht, dass die Teosinte auch die Gen-Konstrukte von MON810 übernehmen und so zu einer insektengiftigen Pflanze werden kann. Im Gegensatz zu Mais kann laut Testbiotech Teosinte auf den Feldern überwintern und Transgene an die Nachkommen weitergeben, die sich dann in der Umwelt ausbreiten und zu einem neuen Superunkraut werden könnten. Die Risiken beträfen nicht nur Landwirte, sondern auch die Umwelt und geschützte Arten. Teosinte stammt aus Mittelamerika und ist die Ursprungspflanze des Mais. Seit einigen Jahren tritt Teosinte aber auch auf Maisfeldern in Frankreich und Spanien auf. Bisher wurde laut Testbiotech das Risiko von Kreuzungen mit Maissorten, wie sie in Europa angebaut werden, als eher gering angesehen. Doch wie eine aktuelle wissenschaftliche Publikation zeige, hat sich die Teosinte bereits mit europäischen Maissorten gekreuzt und so Eigenschaften erlangt, die den weiteren Genaustausch mit Mais begünstigen. Unter anderem hat sich die Blütezeit der Teosinte verändert. Zudem hat Teosinte auch bereits eine Herbizidresistenz von konventionell gezüchtetem europäischem Mais übernommen. Die AutorInnen der neuen Studie warnen deswegen davor, das Risiko einer invasiven Ausbreitung weiterhin zu unterschätzen. Die Risiken für eine Ausbreitung von Transgenen könnten nach Ansicht von Testbiotech noch zunehmen: Die Industrie fordert seit Jahren, dass in Europa weiterer insektengiftiger Mais (Bt11 und DAS1507) zum Anbau zugelassen wird, der zusätzlich auch gegen Unkrautvernichtungsmittel unempfindlich gemacht ist. Im Falle eines Genaustausches mit transgenem Mais drohen spezifische Risiken: Die Übertragung der synthetischen Genkonstrukte kann zu überraschenden Interaktionen mit dem Erbgut und den Inhaltsstoffen der Teosinte führen, wodurch sich beispielsweise deren Insektengiftigkeit im Vergleich zum transgenen Mais deutlich erhöhen könnte. Risiken eines Genaustausches zwischen Mais und Teosinte hatte bereits ein früheres Forschungsprojekt gezeigt, das von Testbiotech unterstützt worden war, aber bisher von der EU-Kommission, der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA und der Industrie weitgehend ignoriert wird. Testbiotech fordert jetzt, dass der Anbau von Gentechnik-Mais in der EU beendet wird, um die unkontrollierte Ausbreitung von Transgenen zu verhindern. Diese Forderung stützt sich auch auf weitere Forschungsergebnisse, die zeigen, dass das Gift (Bt-Toxin) der Gentechnik-Maispflanzen für Raupen europäischer Schmetterlinge giftiger ist als bisher angenommen.