Zunehmende Belastung von Obst und Gemüse mit besonders bedenklichen Pestiziden

Die EU-Mitgliedstaaten sind seit 2011 gesetzlich verpflichtet, 55 als besonders gefährlich eingestufte Pestizide schrittweise vom Markt zu nehmen. Die Anzahl an Rückständen dieser Pestizidwirkstoffe in Obst und Gemüse hat jedoch in den letzten zehn Jahren dramatisch zugenommen, wie aus einem jetzt veröffentlichten Bericht der Umweltschutzorganisation PAN Europe hervorgeht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Mitgliedstaaten es versäumt haben, ihre gesetzlichen Pflichten umzusetzen, auf Kosten des Verbraucherschutzes. Die erhöhte Belastung läuft auch dem Ziel der europäischen „Farm-to-Fork“-Strategie zur Reduzierung von Pestiziden zuwider. PAN Europe und seine Mitgliedsorganisationen fordern ein direktes Verbot der 12 giftigsten Pestizide und einen vollständigen Ausstieg aus der Verwendung aller gelisteten 55 Pestizide bis 2030.

In dem Bericht wurden gezielt Rückstände von besonders gefährlichen Pestiziden in europäischen Lebensmitteln unter die Lupe genommen. Die vom Gesetzgeber unter der Bezeichnung „Substitutionskandidaten“ zusammengefassten besonders bedenklichen Wirkstoffe, sollen nach den Regelungen der Pestizidzulassungs-Verordnung von 2009 schrittweise aus der Verwendung genommen werden, sofern Alternativen – chemische oder nicht-chemische – für sie zur Verfügung stehen. Die Einführung des „Substitutionsprinzips“ in die Gesetzgebung (später auch für Biozide eingeführt) galt, so PAN Europe, als ein großer Schritt hin zu besseren Schutzstandards für Mensch und Umwelt und als ein Baustein auf dem Weg hin zu einer ökologischeren und nachhaltigeren Landwirtschaft in der EU.

Nach mehr als zehn Jahren stellt PAN die Frage: Wie erfolgreich ist das Substitutions- Konzept? Ein Blick in den PAN Europe Bericht zeigt: Anstatt eine zu erwartende Abnahme an Rückständen dieser besonders gefährlichen Pestizide, wird sogar eine Zunahme bei europäischem Obst und Gemüse festgestellt. Analysiert wurden die derzeit 55 Substitutionskandidaten und deren Rückstandsfunde im Zeitraum von 2011 bis 2019. Die Rückstandsfunde stiegen in dem genannten Zeitraum beispielsweise bei Kirschen von 22% auf 50% und bei Birnen von 25% auf 47%. Der Anteil an Substitutionskandidaten insgesamt lag 2019 um 8,8% höher als in den Überwachungsjahren 2015 – 2017. Ein Fünftel der gesammelten Proben von 2019 war mit diesen besonders gefährlichen Pestiziden belastet. Das Fazit von PAN: Das Substitutionsprinzip wurde in der Praxis nicht umgesetzt, auf Kosten des Verbraucherschutzes.

Die zunehmende Belastung läuft dem Ziel der europäischen „Farm-to-Fork“-Strategie zur Reduzierung von Pestiziden entgegen, die genau für diese Pestizidgruppe eine Mengenreduktion um 50% bis 2030 fordert, kritisiert PAN Europe in ihrer Pressemitteilung.

PAN Europe und seine Mitgliedsorganisationen – darunter PAN Germany – fordern in einer neuen Kampagne „Toxic Twelve“ ein direktes Verbot der 12 giftigsten Substitutionskandidaten und einen vollständigen Ausstieg aus der Verwendung aller gelisteten 55 Substitutionskandidaten bis 2030. Des Weiteren wird eine Überarbeitung der Regelungen für die „vergleichende Bewertung“ zwischen Substitutionskandidat und Alternativen gefordert, sowie mehr Transparenz bei diesem Bewertungsverfahren, das in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt.