ZKL-Treffen: An Nachhaltigkeitszielen für die Landwirtschaft festhalten

Auf Einladung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir traf sich in der vergangenen Woche die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), um sich unter anderem über die Auswirkungen der Ukrainekrise auf die Land- und Ernährungswirtschaft auszutauschen. Anlässlich des Treffen äußerten sich neben dem Minister auch einzelne Mitglieder der ZKL, so auch die AbL.

Der Bundeslandwirtschaftsminister erklärte nach dem Treffen: "Ich danke den Mitgliedern der Kommission und der sie tragenden Institutionen und Verbände. Wir haben sehr konstruktiv und offen darüber diskutiert, wie wir die Herausforderungen bewältigen können. Ich habe viele pragmatische Vorschläge gehört und keine ideologischen Scheuklappen gesehen. Erst einmal ist unsere oberste Maxime, der Ukraine, wo es irgend geht, zur Seite zu stehen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Und wir haben die Versorgungslage in Deutschland konstant im Blick. Die Lebensmittelversorgung ist hier gewährleistet – dank der Leistung unserer Land- und Ernährungswirtschaft.“

Jetzt gelte es aber, die Auswirkungen des Kriegs abzupuffern – ohne dabei das Ziel einer natur- und klimagerechten Landwirtschaft aus den Augen zu verlieren. „Denn wir haben eine Gleichzeitigkeit der Krisen. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine steht derzeit zu Recht im Fokus unseres politischen Handelns. Weiterhin bleiben Klima- und Biodiversitätskrise virulent. Deshalb arbeiten wir an der Transformation hin zu einem nachhaltigen und resilienten Agrar- und Ernährungssystem. Und deshalb werden wir auch nicht hinter die Farm-to-Fork-Strategie der EU-Kommission und die Schlussfolgerungen der Zukunftskommission zurückfallen. Wir dürfen mit unseren Anstrengungen jetzt nicht nachlassen. Das ist mein Appell an alle. Ich weiß, was unsere Land- und Ernährungswirtschaft leistet. Und damit das so bleiben kann, brauchen wir eine andere Landwirtschaft. Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist essentiell, um gute Ernährung jetzt und für nachkommende Generationen zu sichern. Ich bin froh, dass es heute seitens der Mitglieder auch in dieser Lage ein Bekenntnis zu den gemeinsam erarbeiteten Ergebnissen gegeben hat und uns die ZKL als Resonanzboden für unsere Transformationspolitik weiter zur Verfügung steht", so der Minister.

AbL: Zusammenstehen für zukunftsfähige Lösungen

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) übt anlässlich des ZKL-Treffens scharfe Kritik an der aktuellen agrarpolitischen Diskussion zum Ukrainekrieg. „Es geht im Ukrainekrieg in erster Linie um die vielen Menschen, die dort unendliches Leid erfahren. Dafür müssen wir praktische Lösungen suchen“, erklärt Elisabeth Fresen, Mitglied der ZKL und Bundesvorsitzende der AbL.  Derzeit kursieren nach Ansicht der AbL-Vorsitzenden die unterschiedlichsten Forderungen, die stark interessengeleitet sind. „Die Hungerproblematik zeigt einmal mehr, dass es ein strukturelles Problem ist, dass wir schon lange haben und aktuell massiv verschärft wird. Deshalb dürfen wir nicht die Agrarpolitik zurückdrehen. Nur mit Klimagerechtigkeit und dem Erhalt der Artenvielfalt schaffen wir es, ein stabiles Ernährungssystem sicherzustellen. Wir brauchen eine Agrarpolitik, die die soziale Frage nach vorne stellt, vielen  Höfen in Deutschland eine wirtschaftliche Perspektive bietet und weltweit keine landwirtschaftlichen Märkte stört oder zerstört. Wenn wir die Tierzahlen reduzieren, dann mit dem Focus bäuerlicher Strukturen, regionaler Stoffkreisläufe und deutlich mehr Tierwohl. Wir brauchen eine Landwirtschaft, die ihre benötigte Energie in Zukunft selber erzeugen kann", so Fresen.

Die Konsequenzen des Ukraine-Krieges für die zukünftige Agrarpolitik werden laut einer Meldung von Agra-Europe offenbar sowohl innerhalb der ZKL als auch zwischen Teilen der ZKL und dem Bundeslandwirtschaftsministerium unterschiedlich beurteilt. Das gehe aus den Reaktionen auf den Austausch von ZKL-Mitgliedern mit dem Minister hervor. „Das Ergebnis der ZKL soll die Grundlage für eine Ausrichtung der deutschen Landwirtschaftspolitik sein“, erklärte der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Werner Schwarz, demnach gegenüber Agra-Europe (AgE). Änderungen bei den vorgesehenen Maßnahmen müssen laut AgE aus seiner Sicht aber ausdrücklich möglich sein: So könnten Herausforderungen durch den Krieg sehr wohl zu einer Anpassung des Weges führen, nicht jedoch der Ziele. Ähnlich argumentiert laut AgE der Deutsche Raiffeisenverband (DRV). „Die aktuelle Krise erfordert einen ideologiefreien, faktenbasierten Umgang, um sie bewältigen zu können“, mahnte Verbandspräsident Franz-Josef Holzenkamp. Darüber müsse man sprechen, und zwar „ohne Denkverbote“. Holzenkamp betonte ebenfalls zugleich, dies sei ausdrücklich keine Abkehr von der notwendigen, nachhaltigen Transformation, wie sie die ZKL in ihren Ergebnissen fordere und zu denen der DRV uneingeschränkt stehe.

Unterdessen will Ressortchef Özdemir laut AgE weiter auf die Zukunftskommission setzen, ohne jedoch konkrete Erwartungen zu formulieren. „Die ZKL hat sich als Gremium des fairen Interessenausgleichs bewährt“, versicherte ein Ministeriumssprecher gegenüber Agra-Europe. Die Mitglieder machten deutlich, „dass die Transformation des Ernährungssystems hin zu mehr Resilienz und ökologischer Nachhaltigkeit sowie gleichzeitiger wirtschaftlicher Attraktivität drängender denn je ist“. Dieser Konsens stehe auch in den gegenwärtig schwierigen Zeiten. Das sei ein Wert an sich, der weiter aufrecht gehalten werden solle, und liege im Interesse der Kommission selbst sowie des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Bundesminister Özdemir schätze den Austausch mit der ZKL „wie auch mit anderen Interessengruppen, die konstruktiv mit an dem Weg der Transformation mitarbeiten“. Eine offene, vertrauensbasierte und zielorientierte Gesprächskultur sei als Grundlage für die Entscheidungsfindung des Regierungshandelns zur Gestaltung der Transformation unerlässlich, so der Sprecher laut der AgE-Meldung.