„Wie halten Sie es mit dem Klimaschutz?“

Das bäuerliche Klimanetzwerk NRW hat im Vorfeld der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai Wahlprüfsteine an die CDU, Grüne, FDP, SPD und Linke geschickt. In den Fragen geht es um das Einhalten von Klimaschutz, sowie Klimaschutz in der Landwirtschaft.

Zum bäuerlichen Klimabündnis NRW gehören aktuell die folgenden Verbände: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. NRW (AbL NRW), Biokreis NRW e.V., Bioland NRW e.V., Bundesverband Deutscher Milchviehhalter Landesteam NRW, Demeter im Westen e.V., junge AbL, junges Bioland NRW, Landesvereinigung Ökologischer Landbau NRW e.V. (LVÖ NRW), Naturland NRW e.V., Netzwerk Solidarische Landwirtschaft NRW, Ökoausschuss WLV und die Regionalwert AG Rheinland.

Hier eine Auswahl der Fragen und der Antworten der Parteien. Die Antwort der LINKE kam als ein Fließtext (sie haben die selben Fragen erhalten wie die anderen Parteien), dieser findet sich ebenfalls gekürzt im Anschluss an die anderen Antworten. Die ungekürzten Antworten aller Parteien sind auf der Seite der AbL NRW zu finden: Wahlprüfsteine NRW.

Welchen Stellenwert wird der Klimaschutz in Ihrer Agrarpolitik einnehmen?

CDU

In unserer Agrarpolitik verfolgen wir alle Aspekte der Nachhaltigkeit. Das heißt, dass wir stets zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten abwägen und versuchen, eine Lösung zu finden, die alle Seiten berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund spielt der Klimaschutz in unserer Agrarpolitik eine große Rolle. Entsprechend wollen wir die Landwirte dabei unterstützen, mit klimatischen Veränderungen umzugehen. Zur Erreichung der Klimaziele setzen wir auf technisch-wissenschaftlichen Fortschritt und nicht auf Verbote. Zudem wollen wir, dass Land- und Forstwirte mit Biodiversität und Naturschutzleistungen Geld verdienen können.

FDP

Die Landwirtschaft spielt für den Klimaschutz eine zentrale Rolle. Durch die nachhaltige Flächenbewirtschaftung leistet diese bereits jetzt einen enormen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz. Dies kann im Rahmen einer zukunftsfähigen Kohlenstoffwirtschaft dazu genutzt werden, Kreisläufe durch Nutzung von Sekundärrohstoffen zu schaffen und so C02 klimaunschädlich durch Speicherung abzuscheiden. So können wir Kohlenstoff als wichtigen Rohstoff nachhaltig und innovativ nutzen und uns mittels Dekarbonisierung zunehmend von der Ausbeutung fossiler Quellen lösen. Auf diesem Wege wollen wir die Landwirtschaft in den CO2-Zertifikatehandel einbinden, um sie so noch klimafester zu machen. Wir wollen die Forschung im Bereich der Emissionsminderung fördern und zur Marktreife bringen, um deren Chancen, etwa bei der Verfütterung von Insektenproteinen und Algenzusätzen zur Emissionssenkung in der Rinderhaltung, zu nutzen. Dazu sind unter anderem auch Carbon Farming und der Einsatz von Pflanzenkohlen und Bio-Pyrolyse geeignet.

Grüne

Die Klimakrise ist neben der Biodiversitätskrise die zentrale Herausforderung unserer Zeit. Daher hat Klimaschutz in unserer Landwirtschaftspolitik folgerichtig einen hohen Stellenwert. Landwirtschaft und der Schutz von Tieren, Klima, Umwelt und Gewässern bedingen einander. Ohne eine intakte Natur, fruchtbare Böden, sauberes Wasser und ein stabiles Klima können Bäuerinnen und Bauern auf Dauer nicht sicher arbeiten. Gleichzeitig haben landwirtschaftliche Produktionsprozesse Auswirkungen auf Umwelt und Klima. Diese Zusammenhänge müssen bei politischen Maßnahmen dringend berücksichtigt werden. Für uns gilt: Jeder Wirtschaftsbereich muss seinen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Gegenüber anderen Sektoren sind die Reduktionspotenziale der Landwirtschaft geringer. Aber sie sind vorhanden: Moor- und Grünlandschutz können hier genauso einen Beitrag leisten wie eine flächenangepasste Viehhaltung. Schon heute tragen viele Bäuerinnen und Bauern aktiv zum Schutz der natürlichen Ressourcen bei. Wir werden sie dabei weiter unterstützen.

SPD

Auch die Landwirtschaft muss ihre Sektorvorgaben für die Klimaziele 2030 erfüllen. Auf europäischer Ebene setzt der Green Deal den Rahmen und ist handlungsleitend. Der Landwirtschaft kommt eine besondere Rolle zu: fast die Hälfte der Landesfläche NRWs wird landwirtschaftlich genutzt, darunter die CO2-Senken, die nicht vermeidbare Emissionen kompensieren müssen. So ergeben sich wirtschaftliche Chancen: wir wollen Engagement der Landwirte im Umweltschutz stärken und fair entlohnen. Dabei sind sie wesentlich von der Klimaerhitzung betroffen, sodass auch eine Anpassung erfolgen muss (effizientere Ressourcennutzung, robustere Pflanzen/Tiere, betriebsübergreifende Kooperationen). Durch bodenschonendere Produktionsverfahren können Klimaschutz und -anpassung Hand in Hand gehen. Letztlich kann nur ein System der Kreislaufwirtschaft zukunftsweisend sein, in dem wir Nährstoffkreisläufe regional wie innerbetrieblich weitgehend schließen und in eine stärkere regionale Wertschöpfung überführen.

Welche Finanzierungsgrundlage sehen Sie für Ausgleichszahlungen bei Missernten und weiterer klimabedingter wirtschaftlicher Schäden?

CDU

Klimabedingte Missernten und schwere wirtschaftliche Schäden sind als Folge eines Extremwetterereignisses nicht vorherzusehen. Sollte es zu solch unvorhersehbaren Geschehnissen kommen, muss auf gesonderte Hilfszahlungen zurückgegriffen werden. Gleichzeitig ist Klimaanpassung in der Landwirtschaft wichtig.

FDP

Landwirtschaftliche Betriebe dürfen nicht länger abhängig von Sofort-Programmen sein. Wir setzen auf Hilfe zur Selbsthilfe. Wir wollen es den Betrieben der Land- und Forstwirtschaft ermöglichen, mit steuerbefreiten Risikoausgleichsrücklagen in guten Jahren besser für Dürren und andere Folgen des Klimawandels vorzusorgen. Auf diese Weise werden sie unabhängiger von staatlichen Notprogrammen und können risikoorientiert handeln. So wollen wir der Land- und Forstwirtschaft die Anpassung an Klimaveränderungen erleichtern. Zudem lassen sich mit einer klugen Schwerpunktsetzung alle auf Landesebene gebotenen Investitionen in Klimaschutz und Dekarbonisierung sowie in geeignete Anpassungsstrategien aus dem regulären Landeshaushalt bestreiten. Eine Aufweichung der Schuldenregeln lehnen wir ab.

Grüne

Landwirtschaft in Nordrhein-Westfalen muss sich noch besser an die unvermeidbaren Folgen der Klimakrise anpassen, die etwa durch Hitze, Dürren, Stürme und Starkregen entstehen. Die im Klimaanpassungsgesetz NRW geforderte Klimaanpassungsstrategie werden wir schnellstmöglich vorlegen, klare, messbare Ziele und Maßnahmen definieren und eine ambitionierte Umsetzung sicherstellen. Flächen, die für die Klimaanpassung wichtig sind, so wie Äcker und Wiesen, wollen wir effektiver vor Bebauung oder anderer Versiegelung schützen. Klar ist auch: Der Staat kann nicht die vorhandenen unternehmerischen Risiken der Landwirtschaft übernehmen oder ausgleichen. Aus unserer Sicht wäre eine Versicherungslösung oder eine entsprechende Risikofondslösung denkbar.

SPD

Eine allgemeine Absicherung darf nicht zu einer Fehlsteuerung führen, sodass umweltschonende Veränderungen bei der Produktion unterbleiben. Auch können aus Gleichbehandlungsgründen mit anderen Branchen unternehmerische Risiken nicht völlig ausgeblendet werden. Die staatliche Förderung von Mehrgefahrenversicherungen lehnen wir ab, weil sie der gemeinschaftlichen Subventionierung der Versicherungswirtschaft und weniger einer lohnenden Unterstützung der Landwirtschaft gleichkommt. Auch steuerbefreite Risikoausgleichsrücklagen erweisen sich für die große Zahl der Betriebe als nicht zielführend. Wir schlagen zur Absicherung vor extremen Wetterereignissen und anderen Risiken ein solidarisches Risikoausgleichsmodell vor, bei dem sich Landwirtinnen und Landwirte gegenseitig unterstützen. Bei freiwilliger Teilnahme zahlen sie einen bestimmten Betrag (z.B. fünf Prozent der EU-Subventionen) in einen Nationalen Agrar-Fonds ein, aus dem sie im Krisenfall unabhängig vom Einzahlbetrag Hilfe erhalten können.

Antworten DIE LINKE

DIE LINKE NRW streitet für eine Landwirtschaft, die hochwertige Lebensmittel zu Preisen herstellt, die Menschen sich leisten können. Sie streitet für eine Landwirtschaft mit guten Arbeitsbedingungen und Einkommen für alle Menschen, die in ihr beschäftigt sind, und sie streitet für eine Landwirtschaft, die unsere Umwelt schützt und die Artenvielfalt erhält. Hierfür wollen wir ökologische und soziale Standards verbessern.

Mit Kunstdünger, Pestizide, Antibiotika und Gülle schädigt konventionelle Landwirtschaft die Umwelt, trägt zum Arten-, insbesondere zum Insektensterben bei. Tierquälerische Massentierhaltung schädigt das Klima, belastet das Grundwasser und macht Reserveantibiotika unwirksam. Langfristig streben wir die Umorientierung der gesamten Landwirtschaft auf ökologische Methoden an. Dabei wollen wir die regionale Erzeugung von Lebensmitteln fördern. Massentierhaltung lehnen wir ab. Wir unterstützen die solidarische Landwirtschaft als eine Möglichkeit, ökologisch hochwertige Lebensmittel ortsnah für alle zugänglich zu machen und gleichzeitig gute Arbeitsbedingungen und ein faires Einkommen zu gewährleisten.

Klimaschutz ist für unsere Partei eine vorrangige Aufgabe. Wir wollen das 1,5°-Ziel dadurch erreichen, dass NRW bis 2030 aus der Braunkohle aussteigt und bis 2035 klimaneutral wird. Dazu ist ein umfassender sozial-ökologischer Umbau der Wirtschaft notwendig.  Für die Landwirtschaft bedeutet dies u.a., dass ein Ausstieg aus der Massentierhaltung geboten ist. Wir wollen auf eine flächengebundene Tierhaltung umstellen. Den Anbau heimischer Eiweißpflanzen wollen wir unterstützen. Klee, Erbsen und Co. fördern die Bodenfruchtbarkeit und ersetzen den Import von auf gerodeten Regenwaldflächen angebauten Futterpflanzen.

Gleichzeitig sind die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft oft schlecht, lange Arbeitszeiten, kein geregelter Urlaub, landwirtschaftliche Einkommen liegen deutlich unter dem Durchschnitt. Der Preisdruck großer Molkereien, Handelsketten und der Lebensmittelindustrie und Abhängigkeit von Lieferanten für Saatgut und Pestizide erschweren den Landwirten das Überleben. Um den Beruf für junge Menschen wieder attraktiv zu machen, müssen die Arbeitsbedingungen und die Einkommen an vergleichbare Tätigkeiten angeglichen werden. Land- und Forstwirte wollen wir bei der Umstellung auf eine ökologische Produktion unterstützen.

DIE LINKE NRW setzt sich für eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik ein. Zahlungen sollen konsequent an wissenschaftlich fundierte Umwelt- und Sozialkriterien und an den Tierschutz gebunden werden. Nur Betriebe, die diese Vorgaben umsetzen, sollen Direktzahlungen erhalten. Es darf nur noch Geld für konkret nachweisbare öffentliche Leistungen geben. Die Schaffung und der Erhalt sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze soll unterstützt und renditeorientierte Investoren müssen ausgeschlossen werden.

 

25.04.2022
Von: xb

Bildquelle: Landtag NRW/Bernd Schälte