Weibliche Geschlechtsorgane bei männlichen Gentechnik-Schweinen

Forschern des bundeseigenen Instituts für Nutztiergenetik des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) haben Schweine gentechnisch so verändert, dass sie trotz eines männlichen Chromosomensatzes weibliche Geschlechtsmerkmale ausbilden. Laut FLI könne dies eine Alternative zur Kastration männlicher Mast-Ferkel sein. Dafür gibt es aber längst andere Ansätze. Mit Hilfe des gentechnischen Verfahrens CRISPR/Cas haben die Forscher einen bestimmten Genbereich auf dem Y-Chromosom, also dem männlichen Geschlechtschromosom, aus dem Erbgut entfernt. Die Gentechnik-Tiere hätten zwar weiterhin einen männlichen Chromo­somen­satz mit einem X- und einem Y-Chromosom, besäßen aber weibliche Geschlechts­merkmale, schrieb das FLI. Die Forschungsergebnisse wurden in den "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften veröffent­licht. Nach neun Monaten zeige sich aber, dass die Geschlechtsorgane bei den CRISPR-Schweinen im Vergleich zu gleichaltrigen weiblichen Kontrolltieren signifikant kleiner blieben und die Tiere unfruchtbar seien, so die FLI-Forscher. Die Tiere ließen sich mästen, Aussagen zur tatsächlichen Wachstumsleistung und anderen Fragestellungen könnten aber aufgrund der begrenzten Tierzahlen nur vorläufig getroffen werden. Die Forscher betonten, dass es sich um Grundlagenforschung handele. Um funktionierende weibliche Geschlechtsorgane auszubilden, brauche es vermutlich weitere Gene, die den männlichen GV-Tieren fehlten, so die Forscher. Denkbar sei auch, das Y-Chromosom bei Ebern so zu verändern, dass sie nur weibliche Nachkommen zeugen könnten. Kritik am Verfahren äußerte der Deutsche Tier­schutz­bund, er lehne Gentechnik an Tieren generell ab, erklärte er gegenüber der dpa. Wer meine, Schweine mästen und den Ebergeruch vermeiden zu müssen, könne das sehr viel unkomplizierter und verträglicher durch die Immuno-Kastration per Spritze erreichen. Beim Qualitätsfleisch­programm NEULAND ist die betäubungslose Kastration seit 2008 nicht mehr erlaubt. Stattdessen werden die Ferkel mit dem auch in der Humanmedizin verwendeten Narkosegas Insofluran in Kurzzeitvollnarkose gebracht und erhalten zudem ein Schmerzmittel.
25.01.2021
Von: av

Drei genetisch männliche Ferkel hatten einen vollständigen Satz weiblicher äußerer Genitalien wie dieses Foto in der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse zeigt.