Mitte Januar 2021 fand im Bundestag die erste Lesung zur geplanten Nationalen Bioökonomiestrategie statt (
19/16722). Gegenstand der Aussprache war auch ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Nationale Bioökonomiestrategie der Bundesregierung SMART gestalten“ (
19/14742). Die Strategie wurde bereits vor einem Jahr von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und ihrer Landwirtschaftskollegin Julia Klöckner auf den Weg gebracht. Kernziel der Nationalen Bioökonomiestrategie sei eine nachhaltige, kreislauforientierte und innovationsstarke deutsche Wirtschaft. Bisherige Aktivitäten in diesem Bereich sollen gebündelt und unter die Hoheit der beiden Bundesministerien gestellt werden. Zur weiteren Beratung wurden beide Vorlagen an die Ausschüsse überwiesen. Die Federführung liegt beim Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.
Die Debatte
(Plenarprotokoll 19/204) um Strategien und Instrumente entwickelte sich zu einer Kontroverse über Gentechnikverfahren wie CRISPR. Forschungsministerin Karliczek erklärte: „Wir werden das Potential biobasierter Innovationen für Deutschland nur dann zum Fliegen bringen, wenn wir es nicht wie bei der Biotechnologie leider so oft geschehen mit ideologischen Rucksäcken am Boden halten.“ Im Rahmen der Biotechnologiestrategie müssten die Potentiale der „neuen Züchtungstechniken“ besser genutzt werden. Sie würden widerstandsfähigere Kulturpflanzen ermöglichen, der Aufwand an Dünger und Pflanzenschutzmittel könne verringert werden. Ernährungssicherheit in Afrika gebe es nur, wenn Züchtungstechniken wie die Genomeditierung ganz gezielt und verantwortungsvoll erforscht und für die Nutzpflanzenzüchtung eingesetzt würde, so Karliczek. Allerdings würde in der Europäischen Union die Genschere so stark beschnitten, dass sie Innovationen behinderten - „und das geht nicht“, meinte Karliczek.
Die FDP forderte von der Bundesregierung, dass es in der Bioökonomiestrategie „ein klares Bekenntnis zur Gentechnik als ein potenzieller Lösungsweg für die Probleme der Zukunft“ geben muss, so der FDP-Abgeordnete Mario Brandenburg.
Die SPD hingegen kritisierte die verkürzte Sichtweise der Union. Erstaunen äußerte der SPD-Bundestagsabgeordnete René Röspel darüber, dass Karliczek die Diskussion über die Bioökonomiestrategie auf die gentechnische Veränderung von Pflanzen verkürze. Diese Technologie sei nicht allein ein Fortschritt. Vielmehr gehe es auch um Verteilungsgerechtigkeit, um Menschenrechte sowie um ökologische Entwicklung und Armut in der Welt. Die Verkürzung auf einzelne Technologien müsse man deshalb immer wieder hinterfragen. Der erste Schritt müsse sein, zu fragen: Welche Methoden brauchen wir, welche Maßnahmen und welche Veränderungen?
Aus Sicht des Bundestagsabgeordneten Harald Ebner von den Grünen brauche es eine Diskussion um die wirklichen Erfordernisse der Lösung der Welternährungsfrage. Die einseitige Gentechnikfixierung blende alle Erkenntnisse der Entwicklungszusammenarbeit aus, die 50 Organisationen der formuliert hätten. Bei der Bioökonomie könne es nicht länger darum gehen, den Blick biologischen Wissens auf die molekulare Ebene zu verengen und die Natur dem Menschen anzupassen, sondern wir müssen auf die Ökosysteme schauen – nur so würde aus der Bioökonomie ein großes Ganzes.