Union und SPD beschließen Fristverlängerung bei Ferkelkastration

Die Koalitionsfraktionen von Union und SPD haben beschlossen, zeitnah eine Fraktionsinitiative auf den Weg zu bringen mit dem Ziel, noch in diesem Jahr die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um zwei Jahre zu verlängern. Das teilt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) am 2. Oktober mit und begrüßt den Beschluss. „Ferkelproduktion soll auch künftig in Deutschland möglich bleiben. Dabei ist der Tierschutz dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein sehr wichtiges Anliegen, für das sich das Bundesministerium auch künftig mit Nachdruck einsetzen wird“, heißt es vom Ministerium. Das BMEL will nach eigenen Worten alles daran setzen, tierschutzgerechte Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration zu forcieren. Deshalb werde das BMEL eine Verordnung auf den Weg bringen, mit der es den Landwirten ermöglicht werde, die Betäubung durchzuführen. Dafür müssten die Landwirte dann einen Nachweis erbringen, dass sie sachkundig mit dem Betäubungsgerät und dem Medikament umgehen können. Auch Vertreter des Bauernverbandes begrüßten den Beschluss als „positives Signal“. Die zusätzliche Frist müsse genutzt werden, um den rechtlichen Rahmen für den sogenannten dänischen Weg, den vom Bauernverband geforderten 4. Weg (Lokalanästhesie) zu schaffen. Für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ist der Beschluss „Verrat an den Ferkeln und Verrat am Staatsziel Tierschutz“. Sämtliche Bekenntnisse der Koalition zum Tierschutz erscheinen für ihn damit als wohlfeile Sonntagsreden. „Ich kann nur hoffen, dass es genügend aufrechte Bundestagsabgeordnete in den Reihen der CDU, CSU und SPD gibt, die dem Votum nicht folgen werden. Es ist zudem kurios, dass der Deutsche Bundestag vor fünf Jahren ein Gesetz beschließt, ordnungsgemäß mit fachlicher Grundlage und dann kümmert sich niemand mehr. Die Tiernutzerseite bewegt sich nicht und schwupps, wird mal eben das Leid der Ferkel verlängert, weil nun die Zeit für Anpassungen im Ferkelsystem angeblich nicht mehr reicht. Schonungsloser können die Agrarpolitiker der Regierungsfraktionen nicht offenbaren, wie sehr sie am Rockzipfel der Agrarindustrie hängen und mehr um deren Anerkennung buhlen als sich aktiv um Fortschritte im Tierschutz zu kümmern. Das ist geradezu ein Musterbeispiel dafür, wie man die Politikverdrossenheit in Deutschland weiter vorantreibt“, kommentiert Schröder. Deutliche Kritik kommt auch von den Grünen. Als “absolut unverständlich“ und „tierschutzpolitischen Offenbarungseid“ bezeichnet der agrarpolitische Sprecher der Grünen im NRW-Landtag Norwich Rüße den Vorstoß der Bundestagsfraktionen von SPD und CDU. Für Rüße ist aus Gründen des Tierschutzes klar, dass Ferkelkastrationen zukünftig nur noch unter kompletter Schmerzausschaltung erfolgen dürfen. Eine nur lokale Betäubung, wie sie Teile der Landwirtschaft fordern, erfülle diese Voraussetzung, auch nach Aussage der Tierärzteschaft, nicht. Klar ist für Rüße auch, dass eine Betäubungspflicht nicht zu Wettbewerbsnachteilen für die deutschen Betriebe führen darf, wenn Nachbarländer entgegen des Tierschutzes laschere Regeln anlegen. Rüße sieht hier insbesondere Bauernverband und Handel in der Verantwortung: „Der Bauernverband schimpft auf die Politik, unterstützt aber gleichzeitig den Import von Ferkeln aus Dänemark, die bei der Kastration nur lokal betäubt werden müssen. Wir sprechen hier von nicht weniger als der Hälfte der 12 Millionen Ferkel, die jährlich nach Deutschland eingeführt werden. Über die Qualitätssicherung gäbe es die Möglichkeit, bei Importferkeln durchzusetzen, dass sie nach den Standards des deutschen Tierschutzgesetzes kastriert werden. Hier hätten Handel und Bauernverband den Hebel, um Wettverzerrungen zu verhindern.“ Von einem „schmutzigen Deal“ spricht der agrarpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff. „Der minimalste Tierschutz, den Ferkeln eine Betäubung zu gewähren, wird für den CSU-Wahlkampf in Bayern geopfert. Doch für ein paar Wählerstimmen von verunsicherten Sauenhaltern spielt die CSU mit dem Vertrauen der Bevölkerung, die eine Landwirtschaft ohne Tierleid einfordert. Die aktuelle Bundesregierung zerstört die letzte Hoffnung, dass mit ihr eine Abkehr von der exportorientierten Turbo-Massentierhaltung zu machen ist. Statt Tierschutz, Gewässerschutz und guten Lebensmitteln ist Union und SPD die Billigproduktion für den Weltmarkt mit enormem Tierleid und Umweltverschmutzung wichtiger“, so Ostendorff.
02.10.2018
Von: FebL

Union und SPD beschließen Fristverlängerung zum Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration zum 1.1.2019 um zwei Jahre. Foto: Tierschutzbund