Positionspapier zum EU-Bodenschutzgesetz: Verarmte Böden sind eine Gefahr für unsere Gesundheit

Die Gesundheit unserer Böden hängt maßgeblich mit dem Nährstoffgehalt unserer Lebensmittel und damit unmittelbar mit unserer eigenen Gesundheit zusammen – so nach Ansicht des NABU eine der zentralen Aussagen eines gemeinsamen Positionspapiers von über 90 Expertinnen und Experten aus Boden-, Agrar-, Biologie, Medizin- und Rechtswissenschaften sowie aus Landwirtschaft und Zivilgesellschaft. Nahrungsmittel können einen erheblichen Mangel an Magnesium, Kalzium und Zink aufweisen, wenn sie auf landwirtschaftlichen Flächen mit degradierter Bodenbiodiversität angebaut werden. In den Medizinwissenschaften wird der Mangel an Nährstoffen und Mikroben in unserer Nahrung zunehmend als Mitursache der Epidemie nicht-übertragbarer Krankheiten benannt.

„Jede nachhaltige Gestaltung von Ernährungssystemen geht vom Boden aus. Ohne Boden kein Leben. Und ohne Bodenleben, kein Ertrag“, erklärt die Bodenexpertin und Mitverfasserin des Positionspapiers Dr. Andrea Beste. Wie sehr der Boden durch unsere aktuellen landwirtschaftlichen Systeme beeinträchtigt ist, hat ihrer Ansicht nach der UN-Bericht “Global Land Outlook 2“ erneut dramatisch aufgezeigt. „Es ist wichtig, dass die EU-Kommission bei ihrem Vorschlag für einen Bodenschutzgesetz ganz besonders die Bodenbiodiversität in den Mittelpunkt stellt. Dafür brauchen wir eine Veränderung hin zu nachhaltiger Bodenbewirtschaftung. Und ganz wichtig: wir brauchen eine starke Eindämmung des Flächenfraßes für Siedlung und Verkehr, sonst haben wir bald keinen Boden mehr dessen Bodenbiodiversität wir schützen könnten“, so Beste. „Der Erhalt, die Wiederherstellung und die nachhaltige Nutzung unserer Landressourcen ist ein globaler Imperativ, der Maßnahmen in einer Krisensituation erfordert...Business as usual ist kein gangbarer Weg für unser weiteres Überleben und unseren Wohlstand", lautet eine der zentralen Botschaften des Global Land Outlook 2.

Unterzeichnet hat das jetzt vorgelegte Positionspapier auch der NABU. Dessen Präsident Jörg-Andreas Krüger sagt: „Du bist, was du isst – dieses alte Sprichwort gewinnt mit dem nun veröffentlichten Positionspapier eine neue Bedeutung. Es zeigt: Wenn unsere Böden weiter verarmen, ist die Qualität unserer Lebensmittel, unseres Wassers und damit unsere eigene Gesundheit in Gefahr. Einmal mehr wird deutlich: Der Schutz der biologischen Vielfalt unserer Böden gehört ins Zentrum des künftigen EU-Bodenschutzgesetzes. Lebendige Bodenökosysteme sichern nicht nur die Versorgung mit gesunden Lebensmitteln. Sie stabilisieren auch den Wasserhaushalt in Zeiten zunehmender Dürren und sind als Kohlenstoffspeicher ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen die Klimakrise.“

Auf Grundlage aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bedeutung der Bodenbiodiversität benennt das Positionspapier vier zentrale Empfehlungen für die Ausgestaltung des EU-Bodenschutzgesetzes.
1. Die gesetzliche Definition zur Bodengesundheit muss auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und die funktionellen biologischen Eigenschaften des Bodens miteinbeziehen.
2. Es braucht ein flächendeckendes System zur Überwachung der Bodengesundheit, das die Funktionsweisen der Bodenbiodiversität einbezieht.
3. Standortbezogene Bodengesundheits-Zielgrößen in der Landwirtschaft sind essentiell, um die kontinuierliche Bodenentwicklung sichtbar zu machen und gezielte Regulierungs- und Fördermaßnahmen zu ermöglichen.
4. Bodengesundheitsbezirke sollten nicht allein anhand von Verwaltungszuständigkeiten definiert werden, sondern auch anhand ihrer Boden- und Klimabedingungen. Dies ermöglicht Lösungsansätze über Landesgrenzen hinaus und kann die europäische Integration zu einer regionalen kreislauffähigen Bioökonomie fördern.

Simon Krämer, NABU-Experte für Ernährungssystem- und Bodenpolitik erklärt: „Ein ehrgeiziges und fortschrittliches EU-Bodenschutzgesetz, das diese vier Empfehlungen einbezieht, könnte dazu beitragen, längerfristige Planungssicherheit für Landwirtinnen und Landwirte zu schaffen und so Transferkosten in regenerative Produktionssysteme mildern. Darüber hinaus kann es für fairere Wettbewerbsbedingungen im EU-Agrarsektor sorgen, die Widerstandsfähigkeit und Klimaanpassung der landwirtschaftlichen Produktion stärken und dabei helfen, eine regenerative und zukunftssichere europäische Landwirtschaft aufzubauen.“ Zum Hintergrund schreibt der NABU: Lebendige Bodenökosysteme sind die Grundlage für die Artenvielfalt, den Wasser- und Nährstoffkreislauf und die Erzeugung von Nahrungsmittel. Doch 60 bis 70 Prozent der europäischen Böden sind laut Schätzung aktuell in schlechtem Zustand. In ihrer EU-Bodenstrategie für 2030 vom November 2021 formuliert die EU-Kommission die Vision, dass „bis 2050 alle Bodenökosysteme in der EU in einem gesunden Zustand und damit widerstandsfähiger sind, was in diesem Jahrzehnt ganz entscheidende Veränderungen erfordert“. Mit dem EU-Bodengesundheitsgesetz (Soil Health Law, SHL) will die EU-Kommission den rechtlichen Rahmen schaffen, um die Ziele der Strategie zu erreichen.

17.05.2023
Von: FebL/PM

Zweifacher Appell zu mehr Engagement beim Bodenschutz.