Landtag in Schleswig-Holstein einstimmig für Kriseninstrument in der Gemeinsamen Marktorganisation und Anwendung des § 148

Der Landtag in Schleswig-Holstein hat einstimmig einen gemeinsamen Antrag der Regierungskoalition aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP angenommen, der die Einführung eines Kriseninstruments in die Gemeinsame Marktorganisation der EU in Form eines freiwilligen Lieferverzichts sowie die Anwendung des § 148 der Gemeinsamen Marktordnung zum Ziel hat, um milcherzeugenden Betrieben Verlässlichkeit hinsichtlich der Milchvermarktung zu bieten. Für die AbL hat sich mit dem einstimmigen Beschluss „über Parteigrenzen hinweg wirtschafts- und agrarpolitische Vernunft durchgesetzt“. Im Rahmen der Debatte um den Antrag im Landtag erklärte der agrar- und europapolitische Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Bernd Voß, dass die Debatten über die Verteilung und Wirksamkeit der EU-Mittel sowie über ihren Beitrag zu einer fristgerechten Umsetzung des Europäischen Green Deal zurecht laufen. Allerdings gehöre auch die Gemeinsame Marktorganisation und ihre mögliche Gestaltung dazu. Das sei ebenfalls EU-Agrarpolitik und könne entscheidende Instrumente liefern, wenn es darum gehe, die Landwirtschaft in der EU über Einkommen vom Markt zukunftsfähig aufzustellen. „Faire Erzeuger*innenpreise sind die Grundbedingung dafür, dass Bäuer*innen auch bei hohen Umwelt- und Tierschutzstandards am Markt bleiben und unsere Kulturlandschaft erhalten“, sagte Voß. Erzeuger*innen seien am Markt vereinzelt und strukturell der abnehmenden Seite unterlegen, die ein Interesse an niedrigen Rohstoffpreisen habe. „Die temporäre Anwendung eines relativ kleinen EU-Reduktionsprogramms in 2016 hat entgegen aller Widerstände den Praxisbeweis erbracht: sofortige Wirksamkeit bei relativ kleinen Mengen. Und das alles bei einem sicheren und sehr einfachen Verwaltungsaufwand. Darum ist eine gesetzliche Verankerung in der Gemeinsamen Marktordnung der EU erforderlich. Ich freue mich, dass auch das Europäische Parlament das mehrheitlich so sieht und bitte die Landesregierung, aber auch die Bundesregierung, das zu unterstützen und im Trilog von Parlament, Rat und Kommission nicht zu blockieren“, erklärt der grüne Landtagsabgeordnete und fährt fort: „Wir fordern mit unserem Antrag auch, endlich die Möglichkeit des §148 der Gemeinsamen Marktordnung zu nutzen. Sie besteht darin, eine Vertragspflicht für Lieferbeziehungen vorzuschreiben, die verbindliche Regelungen zum Preis, zur Menge und zur Laufzeit aufweisen. Es gibt dazu bereits eine Verordnungsermächtigung im Agrarmarktstrukturgesetz. Frau Klöckner und ihr Kollege im Wirtschaftsministerium müssten diese lediglich nutzen und tun dies seit Jahren nicht.“ Für Ottmar Ilchmann, Milchviehhalter in Niedersachsen und Sprecher der AbL für Milchmarktpolitik ist der Landtagsbeschluss sehr erfreulich. „Milchviehbetriebe können eine wichtige wirtschaftliche Stütze des ländlichen Raums sein. Es ist nicht länger hinnehmbar, dass sie diese stabilisierende Funktion wegen dauerhaft zu niedriger Erzeugerpreise aufgrund ihrer schlechten Marktstellung und häufig wiederkehrender Milchkrisen oft nicht wahrnehmen können. Deshalb ist es sehr erfreulich, dass der Landtag von Schleswig-Holstein einstimmig die Unterstützung von Kriseninstrumenten und die Verbesserung der Marktposition der Milchbäuerinnen und -bauern von der Landesregierung fordert. Hier hat sich über Parteigrenzen hinweg wirtschafts- und agrarpolitische Vernunft durchgesetzt“, erklärt Ilchmann.