Kein pauschaler Freibrief für Großbetriebe
Ein Bekenntnis auch zu Großbetrieben, egal wer der Eigentümer ist, keine Einschränkungen ihrer Handlungsmöglichkeiten durch eine Änderung des Bodenrechts, die Ablehnung von Kappung und Degression bei der EU-Agrarreform und keine Gelder für Umweltleistungen von Nebenerwerbslandwirten hat der Präsident des Sächsischen Landesbauernverbandes (SLB), Wolfgang Vogel in einem Interview mit dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe von der Politik gefordert. Ein entschiedener Widerspruch dazu kommt vom Präsidenten des Bauernbundes Sachsen-Anhalt, Jochen Dettmer.
„Die Entwicklung ostdeutscher Großbetriebe, die aus den ehemaligen LPG‘n hervorgegangen sind, ist das Resultat politischer Fehlentscheidungen und nicht das Resultat natürlicher Wirtschaftsentwicklungen. Die mangelnde Anwendung des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes hat in vielen Fällen nicht zu einem Strukturwandel zugunsten der bäuerlichen Familienbetriebe geführt, sondern zur Festigung von Agrargenossenschaften, GmbH‘s und Aktiengesellschaften. Die Unregelmäßigkeiten bei der Umwandlung, die teilweise betrügerischen Charakter hatten, hat Prof. Bayer von der Universität Jena schon im Jahr 2003 deutlich nachgewiesen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht akzeptabel, wenn übriggebliebene Führungskader das Bilanzvermögen in Millionenhöhe versilbern. Auch wenn gesellschaftsrechtlich der Verkauf nicht verhindert werden kann, fordern wir Transparenz und eine Versagung des Verkaufs bei der Entstehung von Monopolstrukturen“, so Dettmer.
Der Bauernbund fordert „ein differenziertes Bild zu den Großbetrieben und keinen pauschalen Freibrief“. Die Umweltleistungen der Landwirtschaft haben seiner Ansicht nach auch etwas mit der Agrarstruktur zu tun. „Je mehr Betriebe in einer Gemarkung wirtschaften, je vielfältiger sind die Feldfrüchte und kleiner die Schläge. Bei Betrieben mit 8.000 – 10.000 ha leidet die Artenvielfalt in der Feldflur. Auch Tierhaltungsanlagen von 40.0000 – 60.000 Schweinen können die Gülle nicht gleichmäßig verteilen, es kommt zu Nährstoffkonzentrationen und Nitratproblemen im Grundwasser“, erklärt Dettmer.
Eine vielfältige Agrarstruktur lasse sich nur durch eine aktive Strukturpolitik erhalten, dazu gehöre ein modernes Agrarstrukturgesetz, welches sog. „Share Deals“, berücksichtigt sowie eine Kappung und Degressionen der Direktzahlungen. Auch Nebenerwerbsbetriebe gehören zu einer vielfältigen Agrarstruktur. „Der Vorschlag von Wolfgang Vogel, denen die Direktzahlungen zu kürzen, ist nicht akzeptabel und zeigt das strukturpolitische Leitbild des Sächsischen Landesbauernverband deutlich auf. Wir werden dem neuen EU-Parlament und der neuen EU-Kommission ein realistisches Bild der Strukturentwicklung der ostdeutschen Landwirtschaft geben“, kritisiert Dettmer die Forderungen des SLB-Präsidenten.
„Wir wollen keine neuen ‚Feudalherren‘ in Großbetrieben und außerlandwirtschaftliche Investoren in der ostdeutschen Landwirtschaft“, so Jochen Dettmer abschließend.