Gentechnik muss klar erkennbar bleiben – Demo in Stuttgart

Am 19. September fand auf dem Stuttgarter Schlossplatz die Veranstaltung „Bleibt uns von Acker und Teller! Neue Gentechnik regulieren, Wahlfreiheit erhalten, Patente stoppen!" statt, die vom Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft Baden-Württemberg organisiert wurde. Bärbel Endraß, Bündnissprecherin und Landwirtin (Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft) überreichte gemeinsam mit Christoph Zimmer, Bündnissprecher und Landesgeschäftsführer von Bioland Baden-Württemberg, den anwesenden Politiker:innen ein Forderungspapier. Das Bündnis fordert unter anderem, dass auch neue Gentechnik-Verfahren weiterhin reguliert bleiben.

Konkret verlangt das Bündnis von allen Parteien, Abgeordneten und Entscheidungsträger:innen, dem Vorsorgeprinzip nachzukommen und eine umfassende Risikoprüfung für alle neuen gentechnisch veränderten Organismen (GVO) durchzuführen. Zudem soll eine klare Kennzeichnung aller GVO und ihrer Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette verpflichtend sein, um Verbraucher:innen und der gesamten Erzeugungskette die Wahlfreiheit zu geben, selbst darüber zu entscheiden, welche Lebensmittel sie kaufen bzw. produzieren möchten. Es muss verhindert werden, dass neue Gentechnologien zu einer Flut an Patenten und zur Monopolisierung des Saatgutmarktes durch wenige Großkonzerne führen.

Bärbel Endraß, Sprecherin des Aktionsbündnisses, betonte: „Als Aktionsbündnis setzen wir uns nachdrücklich für die Beibehaltung der bestehenden EU-Gentechnikregeln ein. Der vorgelegte Verordnungsentwurf ist abzulehnen – er würde zu einer weitreichenden Deregulierung neuer Gentechnikpflanzen führen. Damit würden gentechnisch veränderte Organismen ungeprüft, intransparent und unkontrollierbar auf unsere Felder, ins Ökosystem und in unsere Lebensmittel gelangen.“ Endraß warnte vor einer Zunahme der Verunreinigung von Ernten mit GVO aufgrund der wegfallenden Anbauregeln infolge der Deregulierung. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Schäden könnten insbesondere in Regionen, wie dem kleinstrukturierten Baden-Württemberg, zu weiterem Höfesterben führen. Sie betonte, dass die mit Gentechnikpflanzen stets einhergehende Patentierung zu einer weiteren Konzentration der Pflanzenzucht auf wenige Konzerne führen und somit die Saatgutvielfalt gefährlich einschränken würde. Die Veranstaltung diente auch dazu, ein Signal aus Baden-Württemberg vor der Agrarminister:innen-Konferenz am 20.09.2023 zu senden. Christoph Zimmer, Landesgeschäftsführer von Bioland Baden-Württemberg und Sprecher des Bündnisses, betonte: „Auch neue Gentechnik ist und bleibt Gentechnik. Das sehen nicht nur Verbraucher:innen so, sondern auch die gesamte Lebensmittelwirtschaft. Gentechnik muss deshalb klar erkennbar bleiben und zwar über die ganze Wertschöpfungskette, vom Acker bis zum Endprodukt im Laden. Nach den Plänen der EU-Kommission würden aber in Zukunft die allermeisten Pflanzen aus neuen Gentechnik-Verfahren heimlich auf den Tellern landen. Das stünde klar im Widerspruch zu Transparenz und Wahlfreiheit. Das Vertrauen in Politik und die ganze Lebensmittelwirtschaft würde dadurch massiv untergraben. Das darf nicht passieren!“ Auch auf die besondere Bedeutung für Baden-Württemberg ging er ein: „Gerade unser Musterländle setzt auf Qualität und Gentechnikfreiheit. Hier hängen, weit über die Biobranche hinaus, viele Existenzen von Unternehmen der Lebensmittelherstellung vom Erhalt der Gentechnikfreiheit ab. „Ohne Gentechnik“ ist hier ein Kaufkriterium – und unterstreicht die Qualität der Lebensmittel.“ Bei der Veranstaltung diskutierten Landwirt:innen, ökologische Pflanzenzüchter und Betroffene der gentechnikfrei wirtschaftenden Wertschöpfungskette mit fachlichen Vertreter:innen der Parteien im Landtag, darunter Martina Braun (Bündnis 90/Die Grünen), Jan-Peter Röderer (SPD), Georg Heitlinger (FDP) und Klaus Burger (CDU).

Die Podiumsdiskussion bot Raum für einen intensiven Austausch über die Auswirkungen des EU-Kommissionsvorschlags und die möglichen Konsequenzen für die Landwirtschaft in Baden-Württemberg. Dazu Endraß: „Wir appellieren an die politischen Verantwortlichen, sich vehement dafür einzusetzen, dass dieser Verordnungsvorschlag zurückgezogen wird. Stattdessen müssen das Vorsorgeprinzip und das Recht auf gentechnikfreie Lebensmittelerzeugung gewahrt werden, um die Wahlfreiheit für alle sicherzustellen sowie sowie Patente auf Leben gestoppt werden!"

Christoph Zimmer abschließend: „Wir begrüßen die klare Position aller Parteivertretenden, die sich für die Notwendigkeit einer Regelung des Patentrechts vor möglichen Deregulierungen ausgesprochen haben. Jetzt gilt es, dies auch umzusetzen, insbesondere vor dem Hintergrund der unzureichenden Behandlung dieses Themas durch die EU. Dabei sprechen wir uns klar gegen die Schaffung neuer Abhängigkeiten durch Patente und gegen jegliche Patentierung von Leben und Gentechnik aus!“

Zum Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft:
Das Aktionsbündnis gentechnikfreie Landwirtschaft setzt sich durch politische Lobbyarbeit, aktive Vertrauens- und Vernetzungsarbeit und die Durchführung unterschiedlicher Aktionen und Informationsveranstaltungen für den Erhalt der gentechnikfreien Landwirtschaft in Baden-Württemberg und für gentechnikfreie Lebensmittel ein.