Eine neue Technik ermöglicht die Manipulation von Pflanzen in der Umwelt. ForscherInnen in den USA und in China ist es erstmals gelungen, sogenannte ‚Gene Drives‘ für Pflanzen zu entwickeln. Darauf weist das Institut für unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie Testbiotech hin. Beim Einsatz dieser neuen Gentechnik-Verfahren können Pflanzen statt im Labor direkt in der Umwelt manipuliert werden. So sollen bspw. ‚Unkräuter‘ eliminiert werden. Diskutiert wird auch, mittels Gene Drives neue Eigenschaften in Pflanzen für eine landwirtschaftliche Nutzung einzuführen. ‚Gene Drives‘ ermöglichen eine schnellere Ausbreitung künstlicher Genkonstrukte, als dies bei normaler Vererbung der Fall ist. Das Ziel ist, natürliche Populationen zu verändern. Der Vorgang der gentechnischen Veränderung von Organismen wird dabei aus dem Labor in die Umwelt verlegt.
Derartige Gene Drives wurden bereits für die Manipulation/Veränderung von Hefepilzen (2015), Insekten (2015) und Säugetieren (2019) entwickelt. Nach aktuellen Publikationen in der Zeitschrift Nature Plants gelang es Teams in den USA und China jetzt erstmals, Gene Drives an Pflanzen zu entwickeln und zu testen. In den Experimenten wurde demonstriert, dass sich die synthetischen Genkonstrukte tatsächlich rasch in einer Population ausbreiten und die natürlichen Pflanzen verdrängen können.
Grundlage der patentierten Gene-Drive-Verfahren ist die Gen-Schere CRISPR/Cas. In diesem Fall schaltet sie natürliche Gene aus, die für die Bildung von männlichen Pollen und/oder weiblichen Eizellen und damit für die Fortpflanzung der Pflanzen unverzichtbar sind. Das Team aus den USA nennt das Verfahren deswegen ‚Keimzellen-Killer‘.
Zudem wurde bei den Experimenten ein Gen eingeführt, das nur den gentechnisch veränderten Pflanzen das Überleben ermöglicht. Mit jeder weiteren Generation stieg so der Anteil der Gentechnik-Pflanzen in den Testpopulationen. Würden derartige Pflanzen freigesetzt, könnte der Gene Drive auf dem Acker oder allgemein in der Umwelt in Gang gesetzt werden, ohne ausreichende Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten.
Einsätze von Gene Drives gehen mit hohen Risiken einher: Die dadurch verursachten gentechnischen Veränderungen und deren Folgen sind zu wenig vorhersagbar und kontrollierbar. Da in der Regel mehrere Generationen nötig sind, um die erwünschte Ausbreitung der Gene Drives zu erreichen, können zusätzliche Mutationen und Wechselwirkungen unvorhergesehene Auswirkungen haben. Die Schäden an der Artenvielfalt können irreversibel sein.
Auch in den aktuellen Publikationen werden diese Risiken teilweise angesprochen. Die beteiligten Forschungsteams sind der Ansicht, dass die Verfahren trotzdem eingesetzt werden könnten. Dagegen befürwortet Testbiotech ein Verbot der Freisetzung von Gentechnik-Organismen mit dem Ziel, natürliche Populationen zu verändern.
Die unkontrollierte Verbreitung von NGT-Samen am Beispiel Raps. Die Rapssamen werden von Vögeln wie z.B. Finken genutzt (rechts, 1). Ein Teil der Samen des NGT-Raps kann die Verdauung unbeschädigt passieren. Die Vögel fliegen davon und der NGT-Raps-Samen kann auch außerhalb des Feldes auf dem Boden landen (2). So kann irgendwo in der Natur ein NGT-Rapssamen keimen und zur NGT-Rapspflanze heranwachsen (3). Die Verbreitung von NGT-Raps ist kaum kontrollierbar, sobald der NGT-Raps angebaut wird. Bildquelle: Fachstelle Gentechnik und Umwelt/FGU