EU-Kommission verklagt Deutschland wegen unzureichendem Schutz blütenreicher Wiesen

Die EU-Kommission hat beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, da es blütenreiche Wiesen in Natura-2000-Gebieten nicht ausreichend schützt und damit den Anforderungen der Habitat-Richtlinie nicht nachkommt. Die Richtlinie ist nach Ansicht der Kommission eines der wichtigsten Instrumente der EU zum Schutz der biologischen Vielfalt. Die Kommission ist der Auffassung, dass die bisherigen Bemühungen der deutschen Behörden mit Blick auf die Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) unzufriedenstellend und unzureichend waren. Nach EU-Recht darf sich der Zustand der geschützten Arten und Lebensräume in diesen Gebieten nicht verschlechtern. In den deutschen FFH-Gebieten sind laut NABU jedoch rund 18.000 ha Mähwiese verschwunden. Schuld daran seien die intensive Nutzung, die Umwandlung von Grünland in Acker, Überdüngung und Pestizideinsatz. Bereits im Februar hatte die EU-Kommission Deutschland wegen unzureichendem Schutz der Natura 2000-Gebiete verklagt. Die jetzt angekündigte Klage geht auf eine NABU-Beschwerde aus dem Jahr 2014 zurück, so der NABU. „Bund und Länder haben dem Verschwinden von artenreichen Wiesen in den vergangenen Jahren tatenlos zugesehen, obwohl diese mit ihrer Artenvielfalt besonders von der EU geschützt sind“, erklärt NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Die Ankündigung der EU-Kommission sei ein klarer Appell an die künftige Regierung und an die Länder, das Thema Naturschutz ernst zu nehmen. „Deutschland ist nun in der Pflicht, endlich ausreichend Mittel zur Naturschutzfinanzierung zur Verfügung zu stellen und Landwirtinnen und Landwirte bei der angepassten Bewirtschaftung und Pflege der Schutzgebiete zu unterstützen. Die neue Bundesregierung muss endlich einen Aktionsplan Schutzgebiete aufsetzen, damit der Bund zusammen mit den Ländern das Management der Schutzgebiete verbessern und EU-Recht konsequent umsetzen kann”, so Krüger. Für den NABU liegt ein wichtiger Hebel zur Verbesserung in einer neuen Agrarpolitik. NABU-Agrar-Expertin Christine Tölle-Nolting: „Bund und Länder müssen Landwirtinnen und Landwirte, die Mähwiesen und andere geschützte Lebensräume bewirtschaften und pflegen, ausreichend honorieren. Dafür braucht es eine am gesellschaftlichen Nutzen orientierte EU-Agrarförderung und speziell angepasste Agrarumweltmaßnahmen in allen Bundesländern. Die Ankündigung der Ampel-Koalition, den nationalen GAP-Strategieplan zu überarbeiten, begrüßen wir deswegen. Die Anpassung der ‚Grünen Architektur‘ der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erst zur Mitte der nächsten Legislatur kommt jedoch zu spät, denn der Verlust an biologischer Vielfalt geht ungebremst weiter. Bund und Länder müssen sofort mehr Naturschutzleistungen fördern, auch um den Landwirtinnen und Landwirten Planungssicherheit zu geben.“ Raphael Weyland, EU-Umweltrechtsexperte des NABU, ergänzt: „Auch wir hätten uns gewünscht, dass es gar nicht erst so weit kommt. Aber offenbar haben die Koalition von Union und SPD und die Landesregierungen zu wenig unternommen, um den Schutz der Mähwiesen in FFH-Gebieten sicherzustellen. Die EU-Kommission ist hier klar: Neben Flächenverlust und der fehlenden Überwachung der Gebiete kritisiert sie vor allem, dass keine verbindlichen Schutzmaßnahmen wie Mahd- oder Düngebeschränkungen festlegt worden sind.“ Zum Hintergrund erklärt der NABU: Mähwiesen sind mit ihrer Vielzahl an Kräutern und blühenden Pflanzen ein wichtiger Lebensraum bedrohter Tierarten, wie zum Beispiel den Schmetterlingen Großer Feuerfalter und Heller Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der NABU drängt seit Jahren darauf, artenreiches Grünland besser zu schützen und dafür eine ausreichende Honorierung für Landwirtinnen und Landwirte bereitzustellen. In den letzten Jahrzehnten sind viele wertvolle Mähwiesen jedoch komplett verloren gegangen oder ihr Zustand hat sich so stark verschlechtert, dass die typischen Pflanzenarten nicht mehr zu finden sind.
06.12.2021
Von: FebL/PM

Die EU-Kommission verklagt Deutschland wegen unzureichendem Schutz von blütenreichen Wiesen. Bildquelle: NABU