Ein deutliches Zeichen gegen Flächenversiegelung

Eine „Rote Linie gegen Flächenversiegelung“ haben knapp 1000 überwiegend rot gekleidete Menschen sowie etwa 50 Traktoren rund um das Gelände eines geplanten Logistikzentrums in Neu-Eichenberg im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis gezogen. Mit dem Ziel, beste Ackerböden für die Landwirtschaft zu erhalten, hatten der Kreisbauernverband Werra-Meißner und die Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg gemeinsam zu dieser Menschen und Traktorenkette aufgerufen und wurden dabei auch von anderen Organisationen wie der Grünen Jugend Göttingen, dem Klima-Kollektiv Witzenhausen, der Initiative Ende Gelände Göttingen und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft unterstützt. Das geplante Logistikzentrum soll auf einer Fläche von 80 Hektar entstehen und umfasst Ackerböden, die zu den besten in Deutschland und weltweit zählen. Diese Böden haben sich über Jahrmillionen durch verschiedenste klimatische Prozesse entwickelt und würden durch die Verbauung innerhalb weniger Jahre für immer zerstört werden, heißt es bei den Initiatoren des Protestes. „Betrachtet man die Bodennutzung insgesamt, so zeigt sich, dass vor allem landwirtschaftliche Flächen betroffen sind. Täglich verlieren wir so hessenweit rund vier Hektar, also rund sieben Fußballfelder“, erklärt Torsten Möller, Erster Vorsitzender des Kreisbauernverbands Werra-Meißner. Das führe nicht nur zu Bodenversiegelung und Verlust von Freiräumen, sondern auch zum Verlust von Arten und zur Gefährdung der biologischen Vielfalt und beeinflusst so die gesamte Leistung unseres Ökosystems. „Der enorme Wert und die Güte der Böden in Neu-Eichenberg lässt sich auch daran erkennen, dass in dem diesjährigen Dürresommer hier kaum Ertragseinbußen zu verzeichnen waren, während in anderen Regionen Verluste von bis zu 50% zur Normalität gehörten”, so Caroline Benzinger, Sprecherin der Bürgerinitiative für ein lebenswertes Neu-Eichenberg. „Solche Böden zu versiegeln, ist im Hinblick auf den Klimawandel extrem kurzsichtig.“ Dies bestätigt auch der renommierte Klimaforscher Deutschlands, Prof. Dr. Dr. Schellnhuber, welcher der Bürgerinitiative zur Seite steht: „Fruchtbare Böden sind das wertvollste Gut, das uns zur Verfügung steht. Diese Tatsache werden wir mit den weiteren Entwicklungen des Klimawandels noch viel deutlicher zu spüren bekommen. Wir sollten unsere Böden behandeln wie das, was sie sind – das höchste Gut, das wir zu unserer Ernährung und zu unserem Überleben brauchen“. Und weiter: „Diese Böden für kurzfristige wirtschaftliche Ziele zu versiegeln, ist eine Idee von gestern. Wir sollten keinesfalls mit einem Konzept aus der Vergangenheit versuchen, die Zukunft gestalten!“. „Auch wenn ausverkaufte Gewerbe- oder Neubaugebiete für die Kommunen als Erfolgsmeldungen gelten, ist das nur eine Seite der Medaille“, so Möller. „Auch die Landwirtschaft ist ein Wirtschaftsfaktor.“ Doch die dafür benötigten Flächen können weder verlagert noch vermehrt werden – und ohne regionale Landwirtschaft gebe es auch keine regionalen Produkte. Auch die Bundes- und Landesregierungen haben das Ziel, Flächenversiegelung zu stoppen und Ackerland zu erhalten. In Deutschland werden laut Umweltbundesamt derzeit täglich 62 Hektar Land versiegelt. Die Bundesregierung will den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag senken. In Hessen soll die Flächenversiegelung von aktuell 4 Hektar pro Tag bis 2020 auf 2,5 Hektar reduziert werden. „Wenn diese Ziele erreicht werden sollen, können wir uns ein solches Megaprojekt mit massiver Versiegelung nicht leisten“, so Benzinger von der Bürgerinitiative. Auf der Abschlusskundgebung erklärte der Bundesgeschäftsführer der AbL, Georg Janßen, dass es vor allem auch die politischen Rahmenbedingungen seien, die dazu führten, dass landwirtschaftliche Flächen versiegelt und landwirtschaftliche Höfe aufgegeben würden. Die Agrarpolitik verhindere, dass gerade junge Menschen eine Perspektive in der Landwirtschaft haben. „Egal ob im Wendland, im Hambacher Forst oder hier, wir kämpfen gemeinsam für eine gerechte Nutzung unserer natürlichen Ressourcen!“, so Janßen, denn „wenn die Lebensgrundlagen und der Schutz der Natur und des Klimas nicht wichtiger sind als das Profitinteresse der Konzerne, dann wird Recht zu Unrecht und Widerstand zur Pflicht“.
13.12.2018
Von: FebL/PM

Von der "roten Linie gegen die Flächenversiegelung" berichtete auch die Hessenschau des hessischen Fernsehens. Foto: HR screenshot