Backhaus: Mal über das Schlachten des politischen Tabus „Kappung“ nachdenken

Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Till Backhaus hat anlässlich eines Treffens der Agrarministerin und der Agrarminister der ostdeutschen Länder in Berlin bezüglich einer Kappung der Direktzahlungen im Zuge der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) Diskussionsbereitschaft erkennen lassen. „Ich sage immer wieder: wir wollen keinen Konflikt zwischen kleinen und großen Betrieben konstruieren. Entscheidend ist die Leistung, die der Landwirtschaftsbetrieb für die Umwelt und die Gesellschaft erbringt“, so Backhaus. Er verstelle sich einer Debatte über Kappung und Degression der Direktzahlungen aber nicht grundsätzlich. „Für die ostdeutschen Länder war die Kappung bisher immer ein politisches Tabu. Gleichzeitig müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass durch die besondere Förderung der ‚ersten Hektare‘ viel mehr Geld aus dem Osten abfließt und zwar zu Lasten fast aller Betriebe. Wir müssen also mal über das Schlachten dieser heiligen Kuh nachdenken“, konstatiert der Minister. Auch die Übertragung der BVVG-Flächen war Thema des Treffens in Vorbereitung der Ende September 2020 stattfindenden Herbst-Agrarministerkonferenz (AMK). Bereits im März hatten die ostdeutschen Agrarminister auf Initiative Mecklenburg-Vorpommerns den Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz in einem gemeinsamen Schreiben aufgefordert, die ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen, die sukzessive durch die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) verwaltet und veräußert werden, unentgeltlich an die Länder zu übertragen. „Bedauerlicherweise lehnt das Bundesfinanzministerium unsere Forderung bislang kategorisch ab. Aber immerhin ist man beim BMF bereit, sich mit uns über die weitere Privatisierungspraxis der BVVG zu verständigen, um den Zielsetzungen ‚Agrarstruktur und Umweltschutz‘ besser gerecht zu werden. Wir sind uns im Ergebnis der heutigen Beratungen einig, das Thema mit Nachdruck weiterzuverfolgen“, sagte Backhaus. Der nationale GAP-Strategieplan wird sich nach Ansicht von Backhaus am Green Deal der EU und der darin enthaltenen Farm to Fork-Strategie messen lassen müssen. „Das gelingt meiner Überzeugung nach nur, wenn die geforderten Klima- und Umweltschutzleistungen einen echten Mehrwert erhalten. Ökologisierung der Landwirtschaft ist die Aufgaben der kommenden zehn Jahre, da bin ich sicher. Doch nur der Landwirt, der mit umwelt- und Klimaschutz Geld verdienen kann, ist bereit, in diese Richtung zu investieren.“ Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen – das bleibe auch weiterhin eine zentrale Forderung der ostdeutschen Bundesländer, so Backhaus. Es brauche überdies eine abgestimmte Strategie, wie 25 Prozent ökologischer Landbau in Europa und 20 Prozent ökologischer Landbau in Deutschland bis 2030 funktionieren sollen, das ist förderseitig und marktseitig bisher völlig undurchdacht. „Das müssen wir bei der Herbst-AMK als ostdeutsche Länder thematisieren“, bekräftigte der Minister.
15.08.2020
Von: FebL/PM

Landwirtschaftsminister Backhaus, hier auf einer Demo des BDM anlässlich der AMK in Bad Sassendorf 2018, ist bereit, im Rahmen des GAP-Puzzles auch über das Schlachten heiliger Kühe zu diskutieren. Foto: FebL