Ein Richter hat den Anbau von gentechnisch verändertem HB4-Weizen der Firma Bioceres in der argentinischen Provinz Buenos Aires vorerst verboten. Zuerst müsse eine Kommission gebildet werden, die mögliche Auswirkungen des Anbaus untersucht, verlangte er in seiner Entscheidung. Derweil versucht das Unternehmen, für seinen Weizen in weiteren südamerikanischen Ländern eine Anbauzulassung zu bekommen.
Landwirte, sozialen Organisationen und Vertreter indigener Völker hatten vor einem Gericht in Mar del Plata gegen den Anbau des dürretoleranten HB4-Weizens geklagt. Der Richter Néstor Adrián Salas verbot darauf hin in einer einstweiligen Verfügung den Anbau. Er begründete dies damit, dass der Anbau des Weizens „schwere und irreversible Schäden“ für die Umwelt und die menschliche Gesundheit verursachen könnte. Dabei bezog er sich sowohl auf die Gefahr von Auskreuzungen als auch darauf, dass HB4 resistent gegen das giftige und in der EU verbotene Herbizid Glufosinat ist.
Wie die argentinische Nachrichtenagentur Tierra Viva erläuterte, stützte sich die Entscheidung des Richters auf das im allgemeinen Umweltrecht verankerte Vorsorgeprinzip und auf die Aufgabenteilung zwischen Zentralregierung und Provinzen: Die Zentrale genehmige die Kommerzialisierung gentechnisch veränderter Organismen (GVO) und lasse Pestizide zu. Doch müssten die Provinzen den Einsatz von GVO und Pestiziden auf ihrem Gebiet erlauben. Denn sie seien laut Verfassung für den Schutz ihrer natürlichen Ressourcen zuständig.
Für den Einsatz von GVO ist diese Zweiteilung laut Tierra Viva in einem zwanzig Jahre alten Provinzgesetz niedergelegt. Es schreibt vor, dass die Provinz Buenos Aires eine Kommission für landwirtschaftliche Biotechnologie und biologische Sicherheit einrichten müsse. Deren Aufgabe sei es, zu prüfen, wie sich GVO auf die natürlichen Ressourcen, die Gesundheit und die Vermarktung auswirken, falls sie freigesetzt werden. Bisher, so Tierra Viva, habe die Provinzverwaltung keine solche Kommission eingerichtet. Sie müsse das nun nachholen, forderte der Richter und gab der zu gründenden Kommission einige Fragen mit auf den Weg: So soll sie ermitteln, ob der HB4-Weizen ausreichend getestet wurde, auch im Hinblick darauf, wie er sich auf die Gesundheit von Mensch und Tier auswirkt. Ebenfalls geklärt haben will der Richter, ob obligatorisch die Umweltverträglichkeit geprüft werden muss, wenn ein GVO freigesetzt wird.
Die Provinz rund um die Hauptstadt Buenos Aires gehört zu den wichtigsten Weizenanbaugebieten Argentiniens. Im Erntejahr 2021/22 befand sich dort etwa die Hälfte der Anbaufläche des HB4-Weizens. TierraViva zitierte einen der Klägeranwälte mit der Überlegung, auch in anderen Provinzen vor Gericht zu ziehen. Am Obersten Gerichtshof hat bereits ein Bundesstaatsanwalt beantragt, die Zulassung des HB4-Weizens wegen der „irreparablen Schäden“, die er der Umwelt und der Gesundheit der Bevölkerung zufügen könnte, umgehend auszusetzen. Bioceres hat zu dem gerichtlichen Anbauverbot nicht öffentlich Stellung bezogen. Das Unternehmen beschleunige Verhandlungen, um den Anbau seines Weizens in Uruguay, Paraguay und Bolivien genehmigt zu bekommen. Auch mit Mexiko seien Gespräche am Laufen, heißt es in einem Bericht der Zeitung Sudestada. Ebenso stünden Chile und Ecuador auf der Liste der Länder, für die Bioceres möglichst schnell Importgenehmigungen erhalten will.
Eine Meldung des Informationsdienst Gentechnik.