Antibiotikaabgabe weiter gesunken

Die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in Deutschland ist im Jahr 2021 deutlich zurückgegangen. Das meldet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in seiner jährlichen Auswertung. Während die Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Silvia Bender, die Zahlen als Ansporn sieht, den Einsatz von Antibiotika dauerhaft zu senken, warnt die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) davor, den Erfolg nicht durch immer mehr Bürokratie zu torpedieren.

Die Abgabemenge an Antibiotika sank laut BVL im Vergleich zum Vorjahr um 100 Tonnen auf 601 Tonnen (minus 14,3 Prozent). Betrachtet man den Zeitraum seit Beginn der Erfassung, im Jahr 2011, ist die abgegebene Antibiotikamenge um 65 Prozent gesunken.

Erfreulich ist nach Ansicht des BMEL vor allem, dass die abgegebenen Mengen der für die Therapie beim Menschen kritisch wichtigen Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. und 4. Generation und für Colistin auf den jeweils niedrigsten Wert seit 2011 sanken. In Zahlen:

  • Die Abgabemenge der Fluorchinolone ist im Vergleich zum Vorjahr um ca. 0,8 Tonnen auf 5,6 Tonnen gesunken, das entspricht einer Reduktion von rd. 13 Prozent;
  • die der Cephalosporine der 3. und 4. Generation auf 1,2 Tonnen (minus 0,098 Tonnen bzw. minus 7,7 Prozent).
  • Für Polypeptid-Antibiotika (hierbei handelt es sich überwiegend um Colistin) ist die Abgabemenge ebenfalls gesunken (Gesamtmenge im Jahr 2021 rund 51,3 Tonnen, minus 8,8 Tonnen bzw. minus 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Dazu erklärt die Staatssekretärin im BMEL, Silvia Bender: "Die aktuellen Zahlen sind für uns Ansporn, den Einsatz von Antibiotika dauerhaft zu senken. Besonders der Rückgang der Abgabemengen für die sogenannten Reserveantibiotika ist zu begrüßen. Im Juli hat das Bundeskabinett die von Bundesminister Cem Özdemir vorgelegte Änderung des Tierarzneimittelgesetzes beschlossen. Damit schärfen wir das derzeit geltende Antibiotika-Minimierungskonzept nach. Für Colistin, Fluorchinolone und Cephalosporine der 3. und 4. Generation wird zum Beispiel ein Wichtungsfaktor in das Antibiotika-Minimierungskonzept aufgenommen. Für Tierärzte und Tierhalter wird damit das Signal gesetzt, die Anwendung dieser Antibiotika mit kritischer Bedeutung auf das unvermeidbare Minimum zu reduzieren."

Wie in den Vorjahren stellen Penicilline und Tetrazykline den Hauptanteil der abgegebenen Antibiotika dar. Bei diesen Wirkstoffklassen ist im Vergleich zum Vorjahr eine Reduktion um rund 43 Tonnen (Penicilline) bzw. um rund 23 Tonnen (Tetrazykline) im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Bei den Sulfonamiden beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr 1,7 Tonnen.

Die Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellt, so das BMEL und das BVL übereinstimmend, eine globale Bedrohung dar, in der Human- und in der Veterinärmedizin. Um der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen ("Stille Pandemie") entgegenzuwirken, sind angesichts der grenzüberschreitenden Problematik neben nationalen auch europäische Vorschriften dringend notwendig. Das BMEL setzt sich deshalb aktuell auf EU-Ebene dafür ein, dass im europäischen Tierarzneimittelrecht noch ausstehende Regelungen schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden, die weitere europaweite Restriktionen für die Antibiotika-Anwendung bei Tieren vorsehen.

ISN: Erfolg nicht durch Bürokratie torpedieren

Nach Ansicht der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) belegen die von der BVL vorgelegten Zahlen eine beeindruckende Leistung der Tierhalter zusammen mit ihren Hoftierärzten. „Seit 2011 wurde der Einsatz von Antibiotika in der deutschen Tierhaltung mehr als halbiert. Ein Erfolg, der endlich gewürdigt werden muss und nicht durch immer mehr Bürokratie torpediert werden darf. Natürlich muss es weiterhin Ziel sein, den Einsatz zu reduzieren, allerdings wird die Luft für eine weitere Minimierung zunehmend dünner, denn die Anwendung hat sich auf einem Niveau eingependelt, das dem therapeutisch erforderlichen Minimum entsprechen dürfte. Weitere Reduktionsziele, die zu Lasten des Tierschutzes gehen könnten, sind nicht akzeptabel“, so die ISN.