AbL zum Konjunkturpaket: Nur Stückwerk für Tierwohlställe

Die Bundesregierung hat ein Konjunkturpaket zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise im Umfang von 130 Milliarden Euro für die Jahre 2020 und 2021 vorgelegt. Darin enthalten ist auch ein 300 Millionen Euro umfassendes Investitionsprogramm für Stallumbauten. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner von einem „kraftvollen Konjunkturschub“ spricht, kann die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) diese Begeisterung nicht teilen. Konkret heißt es in dem Konjunkturpaket:“ Im Interesse des Tierwohls wird ein Investitionsförderprogramm für den Stallumbau für die zügige Umsetzung besserer Haltungsbedingungen in den Jahren 2020 und 2021 aufgelegt. Dies dient nicht nur der Standortsicherung, sondern fördert zudem den Tierschutz und den Umweltschutz. Es sollen daher nur Investitionen in diesen Bereichen gefördert werden, die nicht mit Kapazitätsausweitungen verbunden sind und zum Beispiel auch helfen, das so genannte Kastenstandurteilzeitnah umzusetzen. Für die Förderung von Stallumbauten sollen entsprechende, differenzierte Mindestanforderungen an die jeweiligen Tierhaltungen als verlässliche Grundlage für Investitionsentscheidungen gelten“. Für Martin Schulz, AbL-Bundesvorsitzender und NEULAND-Schweinehalter aus dem Wendland, reicht eine Investitionsförderung alleine nicht aus, um eine Perspektive für die Schweinehalter zu eröffnen. „Ministerin Klöckner weigert sich nach wie vor, die seit Februar 2020 vorliegenden Empfehlungen des von ihr selbst eingesetzten Kompetenznetzwerkes Tierwohl umzusetzen. In diesen von Experten breit getragenen Empfehlungen wird deutlich herausgestellt, dass eine Investitionsförderung nicht ausreicht, um den Sauenhaltern tatsächliche Anreize zu bieten, ihre Haltungsverfahren insgesamt auf eine höhere Tierwohlstufe zu stellen. Die Betriebe brauchen eben nicht allein eine Investitionsförderung, sondern eine Perspektive“, erklärt Schulz. Wenn sie ihre Ställe tierwohlgerecht umbauen, koste das nicht nur Geld, sondern bedeutet auch einen höheren Arbeitsaufwand sowie Leistungseinbußen.
„Die sogenannte ‚Borchert-Kommission‘ hat deshalb für verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Tierwohlprämie vorgeschlagen. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums sowie die Borchert-Kommission haben die Kosten für den gesamten Umbau der Nutztierhaltung berechnet und beziffern den Förderbedarf für alle Tierarten zusammen auf 1,2 bis 3,6 Milliarden Euro im Jahr, die durch die Erhebung einer Tierwohlprämie finanziert werden sollen. Dagegen bleibt das Investitionsförderprogramm von Frau Klöckner für die Betriebe und die Tierwohlziele Stückwerk. Die AbL schlägt dagegen vor, endlich die Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung aktiv aufzugreifen und in die Umsetzung zu gehen. Das auf Zeit spielen der Ministerin kostet nur weitere Existenzen von bäuerlichen Betrieben und verhindert artgerechte Tierhaltung überall in den Ställen“, kritisiert der AbL-Vorsitzende das Vorgehen der Ministerin. Auch nach Ansicht der Interessensgemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) ist das Investitionsprogramm zwar „sicherlich gut gemeint, aber es reiht sich wieder in die Kategorie Stückwerk ein“. Ohne Frage sind laut ISN die Herausforderungen, vor denen Schweinehalter und insbesondere Ferkelerzeuger stehen, so groß, dass sie diese nicht alleine meistern können. Dazu gehöre natürlich auch die Unterstützung finanzieller Art. „Denn beispielsweise werden allein die neuen Vorgaben im Bereich der Haltung der Sauen im Deckzentrum und im Abferkelbereich Kosten von ca. 2.000 € je Sau verursachen – umgerechnet auf Deutschland also über 3 Mrd. €. Zum einen werden hierbei die Relationen zwischen den entstehenden Kosten und dem Rahmen des Förderprogrammes klar. Zum anderen reicht die gut gemeinte finanzielle Unterstützung allein nicht aus. Denn erst einmal müssen die Schweinehalter wissen, wie sie ihre Ställe anpassen müssen – und es muss diesbezüglich eine langfristige Rechts- und Planungssicherheit gewährleistet sein“, so die ISN. Dies gelte nicht nur in Bezug auf die Haltungsvorgaben aus Tierschutzsicht, sondern auch für das Bau- und Umweltrecht sowie den Immissionsschutz. „Zudem müssen die Betriebe in die Lage versetzt werden, die Anpassungen genehmigungsrechtlich in der vorgegebenen Zeit umsetzen zu können. Ohne diese zentralen Grundvoraussetzungen gibt es für die Schweinehalter keine Zukunftsperspektive. Deshalb bleibt trotz der Förderaussicht unsere Forderung nach einem Gesamtkonzept für die Schweinehaltung bestehen“, erklärt die ISN. Neben der Tierhaltung sieht Ministerin Klöckner in dem Konjunkturpaket auch einen Schub für den Wald und die ländlichen Räume. Für den Wald respektive die Waldbesitzer „stellt die Bundesregierung weitere 700 Mio. Euro für den Erhalt und die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder einschließlich der Förderung der Digitalisierung in der Forstwirtschaft und die Unterstützung von Investitionen in moderne Betriebsmaschinen und -geräte bereit. Daneben soll auch die Förderung einer modernen Holzwirtschaft einschließlich der stärkeren Nutzung von Holz als Baustoff erfolgen“. Und „in den ländlichen Räumen soll der 5G-Ausbau massiv beschleunigt werden. Bis 2025 wird ein flächendeckendes 5G-Netz in ganz Deutschland aufgebaut. Dafür soll die neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft des Bundes mit fünf Milliarden Euro ausgerüstet werden.“, heißt es im Konjunkturpaket.