Weiteres „Desaster“ für die Milchbäuerinnen und -bauern befürchtet

Mit Blick auf Informationen über die aktuellen Kontraktverhandlungen zwischen dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und der Milchindustrie zeichnet sich nach Ansicht von Ottmar Ilchmann, Milchbauer in Niedersachsen und Vorsitzender des dortigen Landesverbands der AbL ein weiteres Desaster für die Milchbäuerinnen und -bauern ab. Aldi Global Sourcing, die bei dem Discounter für den weltweiten Einkauf zuständige Organisation in Salzburg, hat nach Informationen der Lebensmittelzeitung (LZ) bei den Kontraktverhandlungen für Milchbasisprodukte Preissenkungen durchgesetzt. Bei der Trinkmilch werde mindestens der im Frühjahr mit dem Bauernverband vereinbarte Aufschlag von 5 Cent/l wieder einkassiert. Damals betonten die Aldi-Verantwortlichen von Aldi-Süd und -Nord laut LZ, „als verantwortungsvoller Handelspartner“ mehr zu zahlen, „als wir gemäß der Marktlage hätten akzeptieren müssen.“ Aldi gehe davon aus, dass ein angemessener Teil bei den Landwirten ankomme und nicht in der Wertschöpfungskette der Milchindustrie hängenbleibe, so die Aldi-Vertreter damals. Doch daran sollen die Discountschwestern inzwischen Zweifel geäußert haben. Außerdem, so heißt es in der LZ, sei man bei Aldi sauer, dass die Konkurrenz nicht mitgezogen, sondern im Gegenteil sogar Preissenkungen vorgenommen habe. Es gibt laut LZ Stimmen in der Milchindustrie, die davon sprechen, dass die letzten Kontraktverhandlungen die Milchbauern 80 Mio. bis 100 Mio. Euro Milchgeld gekostet hätten. „Bei den aktuellen Preisverhandlungen für Milchprodukte zeichnet sich erneut ein Desaster für die Milchbäuerinnen und -bauern ab. SIE werden Preissenkungen ausbaden müssen, nicht die Molkereien, die sie zugestehen. Nur dem Handel den schwarzen Peter zuzuschieben, geht an der Realität vorbei, mindestens ebenso verantwortlich sind die Molkereien, die ja allem Anschein nach die von Aldi geleisteten Mehrzahlungen nicht an ihre Lieferanten weitergegeben haben. Solange die Erzeuger keine Marktmacht haben und strukturelle Milchüberschüsse für Marktdruck sorgen, wird sich an dieser Situation nichts ändern“, erklärt Ottmar Ilchmann. Und Elisabeth Waizenegger, Milchbäuerin im Allgäu und im Bundesvorstand der AbL, ergänzt: „Das möglicherweise schnelle und kritiklose Akzeptieren der aktuellen Preissenkungen durch die Molkereien macht überdies deutlich, dass entgegen anderslautender Beteuerungen nicht alle Molkereien automatisch die Interessen der MilcherzeugerInnen vertreten. Die Notwendigkeit für uns Milchbauern und -bäuerinnen als eigenständige Branche innerhalb der Milchwirtschaft anerkannt zu werden, wird durch dieses Verhalten immer dringender“.