Weinbauern und Imker verklagen Bayer wegen Dicamba-Abdriftschäden

In Texas haben Anfang Juni 57 Weinbauern und vier Traubenverarbeiter Klage gegen Bayer und die BASF erhoben, weil sie aufgrund von Dicamba-Abdriften „Hunderte von Millionen Dollar" Schäden erlitten hätten. Einige der Weinbauern hätten irrsinnige Ertragsrückgänge von über 90 Prozent hinnehmen müssen, heißt es in der Klageschrift. Betroffen sei eine Fläche von über 1.200 Hektar Weinreben in den High Plains, einer Region, in der sich die meisten Weinberge Texas befinden. Durch die Dicamba-Abdrift sei es zu dramatischen Produktionsrückgängen gekommen, das was noch an Trauben wächst, wird oft wegen schlechter Qualität zurückgewiesen, Verträge wurden gekündigt, Winzer mussten sich anderweitig um Trauben bemühen, und der Region haftet ein Stigma an. Der Gesamtwert dieser Weinberge wurde sowohl jetzt als auch in Zukunft erheblich beeinträchtigt. Bis neu zu pflanzende Weinreben wieder tragen und einen ähnlichen Ertrag und die richtige Qualität für die Weine erzielen; braucht es Jahrzehnte. Die texanischen Kläger führen an, dass sie einen wirtschaftlichen Schaden von über 114 Millionen US-Dollar erlitten hätten. Zusätzlich zu ihren Verlusten fordern die Kläger mindestens 228 Millionen US-Dollar an Strafschadenersatz von jedem Unternehmen. Ende Mai hatte Richard Coy, Vizepräsident von Coy's Honey Farm, Klage gegen Bayer und BASF eingereicht. Der Honigproduzent aus Arkansas mit 13.000 Völkern argumentierte, dass der Einsatz des Herbizids Dicamba von Bayer (sowie des Herbizids Engenia von BASF und des Herbizids FeXapan von Corteva) die Pollen- und Nektarquellen in der Landschaft „infolge der Abdrift, der Verflüchtigung und der sonstigen Ausbreitung der Dicamba-Herbizide von den Feldern und Kulturen, auf denen sie angewendet wurden, stark vermindert" habe. Infolge sei die Honigproduktion durch die Bienen stark verringert worden und er hätte Umsatz- und Einkommensverluste erlitten. Zudem hätte er durch die Auswirkungen der Dicamba-Herbizide auf die Bienen auch Verluste in seinen Völkern zu verzeichnen. Coy fordert eine Entschädigung in Höhe von mehr als 75.000 Dollar für seine Einkommensverluste sowie einen nicht näher bezifferten Strafschadenersatz. Dicamba ist ein leicht flüchtiges Breitbandherbizid und kann in bestimmten Wetterlagen meilenweit verdriften und an anderen Orten wieder auf den Boden kommen. Nur wenige Gentechnik-Pflanzen, nämlich solche die gegen Dicamba resistent gemacht worden sind, überstehen Dicamba. Nicht resistente Pflanzen sterben ab oder gehen ein. Für Bayer und die BASF sind Dicamba-resistente Gentechnik-Pflanzen seit 2017 ein neues Geschäftsmodell, weil immer mehr Unkräuter aufgrund des hohen Einsatzes gegen Glyphosat resistent wurden. Deshalb versuchen sie seit einigen Jahren Dicamba-resistentes Gentechnik-Saatgut in Kombination mit dem Pestizid mit umstrittenen Marketingmaßnahmen auf den Markt zu bekommen. Es wird bislang bei Gentechnik-Soja aber auch Baumwolle eingesetzt. Allerdings ist es schon zu zahlreichen Schäden gekommen – vor allem bei Soja, in Naturschutzgebieten und Wäldern aber auch bei einem kalifornischen Pfirsichbauer. Bill Bader, Besitzer der größten Pfirsich-Farm in Missouri hatte Klage gegen Bayer und die BASF gestellt. Er gab an, 30.000 Bäume verloren zu haben, weil Nachbarn Dicamba über ihre Felder mit Dicamba-resistenten Pflanzen spritzten und die Abdrift seine Bäume absterben ließ. Er machte 20 Millionen US-Dollar Schaden geltend. Im Februar 2020 hatte er die Klage gegen Bayer und die BASF gewonnen und in einem Geschworenenurteil 265 Millionen Dollar Schadensersatz und Strafschadensersatz erstritten. Die Summe wurde inzwischen auf 75 Millionen Dollar reduziert. Seit dem versuchen Bayer und BASF das Urteil zu kippen und haben Berufung eingelegt. Bayer und BASF argumentierten, ihre Dicamba-Pestizide seien bei korrekter Anwendung sicher und sie bezweifeln, dass der Wirkstoff Schäden bei anderen Kulturen erwirke. Corteva AgriScience, einer der größten Agrarchemiekonzerne der Welt, die ebenso Dicamba-Systeme vermarktet hatten, ist im Frühjahr 2021 ganz aus dem Markt ausgestiegen und hat seinen Antrag für ein Dicamba-Pestizid zurückgezogen.
07.06.2021
Von: av

Ein Teil der Coy's honey farm in den USA. Foto: Coy's honey farm