Verwässerung beim Bienenschutz verhindern

Die meisten EU-Länder wollen, dass bei der Pestizidzulassung die Risiken für Bienen nicht so streng geprüft werden als von der zuständigen Fachbehörde empfohlen. 18 Mitgliedstaaten seien dafür, die „Bienenleitlinien“ von 2013/2014 der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) nur teilweise anzuwenden, teilte die EU-Kommission mit. Sie ist einer Stellungnahme für die Tageszeitung taz zufolge zuversichtlich, dass die Länder über eine entsprechende Beschlussvorlage bis „Ende des ersten Halbjahres“ abstimmen könnten. Das bedeutet laut taz: Brüssel hält offenbar die nötige Mehrheit für einen Kompromiss gesichert, der Chemiekonzernen wie der Bayer AG weit entgegenkommt. Nach Ansicht der grünen EU-Abgeordneten Maria Heubuch sind die Prüfung der chronischen Risiken und der Auswirkungen auf Wildbienen dabei die springenden Punkte. Darum habe die EU-Kommission vorgeschlagen, die Bienenleitlinie abzuschwächen. Das geht auch aus einem Antwortschreiben der EU-Kommission auf einen Brief von mehr als 100 EU-Abgeordneten aller Fraktionen hervor, den neben Heubuch auch der grüne-EU-Abgeordnete Martin Häusling und die SPD-Abgeordnete Maria Noichl unterschrieben haben: „Viele Mitgliedstaaten möchten die Leitlinie nicht vor einer weiteren Überarbeitung umsetzen, insbesondere die Teile, die sich auf die Bewertungsmethodik für chronische Risiken beziehen. [...] Die Kommission hat daher kürzlich vorgeschlagen, einen Schritt nach vorne zu machen, indem wir den Mitgliedstaaten die Annahme der unumstrittenen Teile der Leitlinie vorschlagen (z.B. die Testmethoden zur akuten Toxizitätiv bei Honigbienen). Mit der Zustimmung der Mitgliedstaaten haben wir die EFSA beauftragt, ihre Bienenleitlinie zu überarbeiten. [...] Ich erwarte, dass die Umsetzung der verbleibenden Teile der EFSA-Leitlinie, einschließlich der chronischen Gefährdung und des Risikos für Wildbienen, bei denen die meisten Mitgliedstaaten eine Überarbeitung wünschen, [nach der Überarbeitung durch die EFSA] schnell angenommen werden wird.“ Gegenüber der Bewertung der drei Neonikotinoide wäre die nun drohende Abschwächung für Heubuch ein massiver Rückschritt. Im Jahr 2008 starben durch Neonikotinoid-Staub massenhaft Bienen am Oberrhein. Die EFSA zog danach bei einer neuen Risikobewertung der Neonikotinoide ihre gesamte Bienen-Leitlinie heran und prüfte auch die chronischen Risiken und die Risiken für Wildbienen. Aufgrund ihrer chronischen Toxizität auf Insekten wurden drei Neonikotinoide im Mai 2018 verboten: Symptome wie Orientierungslosigkeit (die Bienen finden nicht mehr zurück zum Stock), Beeinträchtigung des Nervensystems und der Kommunikation (Bienentänze) sind eindeutig wissenschaftlich nachgewiesen. Wenn die Prüfstandards, die zum Verbot der Neonikotinoide führten, nicht auf andere Pestizide ausgedehnt werden, so werden die Neonikotinoide laut Heubuch einfach durch andere Pestizide ersetzt. „Unter dem Strich ist damit nichts gewonnen, das Bienensterben geht weiter. Es ist daher nicht logisch, warum einige EU-Länder, inkl. Deutschland, das Neonikotinoid-Verbot zwar öffentlich befürworten, die Ausdehnung derselben Prüfstandards auf andere Pestizide jedoch ablehnen“, so Heubuch. Sowohl Landwirtschaftsministerin Klöckner (laut Antwortschreiben auf einen Brief von zwölf deutschen EU-Abgeordneten) als auch Umweltministerin Schulze (laut Tagesschau-Bericht) unterstützen den Vorschlag der Kommission, die Leitlinie abzuschwächen. „Frau Klöckner argumentiert, dass die anderen Mitgliedstaaten dies wollten und man auf EU-Ebene Kompromisse eingehen müsse. Doch bei vorhergegangenen Treffen des zuständigen Ausschusses haben Österreich und Frankreich die Annahme der Leitlinie in ihrer ursprünglichen, unverwässerten Form unterstützt, ohne dass Deutschland sie dabei unterstützt hätte“, schreibt die grüne EU-Abgeordnete. Diese Haltung widerspreche dem von Frau Klöckner öffentlich vorgetragenen Versprechen, sich ernsthaft für den Bienenschutz einzusetzen. Deutschland zählt zu den Ländern, die einerseits das Verbot der drei bienenschädlichen Neonikotinoide, die anhand der EFSA-Leitlinie geprüft wurden, befürwortet haben. Andererseits lehnt Deutschland die Ausdehnung derselben Prüfstandards auf andere Pestizide ab. Damit würden diese drei Insektengifte einfach durch andere ersetzt, und für die Bienen ist nichts gewonnen. Laut Heubuch ist eine Abstimmung der EU-Mitgliedstaaten per „intransparentem Komitologieverfahren“ im „Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel“ (PAFF-Ausschuss) für den 20./21. Mai 2019 geplant. „Wir Grünen fordern Landwirtschaftsministerin Klöckner auf, sich für eine Annahme der EFSA-Bienenleitlinie in ihrer ursprünglichen Version einzusetzen“, so Heubuch abschließend. Der PAFF-Ausschuss ist der Ausschuss, in dem auch über die Verlängerung von Glyphosat entschieden wurde.