Verbändeplattform kritisiert Bedarfsanalyse des BMEL für deutschen GAP-Strategieplan

Deutliche Kritik an der Bedarfsanalyse des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zur Erstellung des deutschen Strategieplans im Rahmen der anstehenden Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) hat die Verbändeplattform, ein Zusammenschluss von fast 30 Verbänden des Verbraucher-, Natur-, Tierschutzes und der bäuerlichen Landwirtschaft, geübt. Zentrale politische Vorgaben der EU wie der Green Deal sowie die Farm to Fork- und die EU-Biodiversitätsstrategie fänden keine entsprechende Berücksichtigung und auch Lehren aus der Corona-Pandemie würden nicht gezogen. Ihre Kritik hat die Verbändeplattform in einer Stellungnahme sowohl dem BMEL als auch in einem Brief dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, mitgeteilt und in diesem, von Bundesvorstandsmitglied der AbL, Phillip Brändle, und dem Leiter Agrarpolitik beim BUND, Christian Rehmer unterzeichneten Brief, betont, dass die Europäische Kommission ihren mehrfach formulierten Anspruch, auf die „sorgfältige“ Ausarbeitung der GAP-Strategiepläne in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu achten und ggf. auch die Genehmigung von Strategieplänen zu versagen bzw. eine entsprechende Nacharbeitung einzufordern, „sehr ernst nehmen sollte“. Die „größte Schwäche“ in der BMEL-Stellungnahme sieht die Verbändeplattform in der fehlenden Thematisierung der Exportorientierung. Unverständlich ist für die Verbändeplattform, „warum im Entwurf der Bedarfsanalyse aus zentralen politischen Vorhaben auf europäischer Ebene, wie dem Green-Deal, der Farm to Fork- und der EU-Biodiversitätsstrategie, keinerlei Bedarfe und Zielzustände abgeleitet werden, obwohl in denselben klare Ziele in Bezug auf Ökologie, Klimaschutz, Tierwohl, ökonomische Situation landwirtschaftlicher Betriebe und soziale Teilhabe genannt sind. Auch aus den Erfahrungen der Corona-Krise werden keinerlei konkrete Bedarfe und Zielzustände abgeleitet, obwohl sich z.B. der Bedarf einer Regionalisierung etwa der Fleischverarbeitung nach den aktuellen Erfahrungen geradezu aufdrängt“, heißt es in der Stellungnahme. Hinzu komme, dass bedeutsamen aktuell in Deutschland laufenden und noch nicht abgeschlossenen agrarpolitischen Prozessen, wie z.B. der Ackerbau- und Grünlandstrategie, der Zukunftskommission Landwirtschaft oder der nur alle zehn Jahre stattfinden Landwirtschafszählung 2020, deren erklärtes Ziel es sei, „aktuelle politische und gesellschaftliche Diskussionen im Agrarbereich mit Daten zu hinterlegen und zu versachlichen“, durch die Bedarfsanalyse vorgegriffen werde, obwohl diese für die zukünftige Ausrichtung der Landwirtschaft und Agrarpolitik von zentraler Bedeutung sein sollen. „Das Konzept und die Ergebnisse zum Umbau der Nutztierhaltung des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung („Borchert-Kommission“) ist ebenfalls nicht benannt und abgebildet, obwohl sich gerade dieses einer breiten politischen und gesellschaftlichen Zustimmung erfreut. Gerade vor dem Hintergrund der erst jüngst beschlossenen Übergangsverordnung der GAP bzw. dem damit verbundenen Zeitgewinn ist es aus Sicht der Verbändeplattform dringend geboten, auch aus diesen Prozessen noch Bedarfe und Zielzustände für die Bedarfsanalyse abzuleiten. Schließlich soll die Bedarfsanalyse zu einer Priorisierung der Bedarfe führen, die mit den Instrumenten der nationalen GAP-Umsetzung angesteuert werden sollen“, schreiben die Verbände in ihrer Stellungnahme. Eine zentrale Schwäche der Bedarfsanalyse sehen die Verbände in der bei überproportional vielen der 64 Bedarfe fehlenden Messbarkeit der Zielzustände, die notwendig seien, um passende Instrumente auswählen und gewichten zu können und um im Rahmen der Umsetzung über Erfolg oder Misserfolg von potenziellen Interventionen entscheiden zu können. Bereits bestehende Zielmarken z.B. zum Artenschutz oder zur Senkung der Stickstoffgesamtbilanz aus der Nachhaltigkeitsstrategie 2030 der Bundesregierung tauchen in der Bedarfsanalyse nicht auf. . Auch die Sicherstellung einer gentechnikfreien Landwirtschaft bleibe als Bedarf unerwähnt, obwohl diese für wachsende Teile der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft Wettbewerbsvorteile im Marktzugang ermögliche. „Die größte Schwäche der Bedarfsanalyse ist, dass die seit Jahrzehnten bestehende Exportorientierung der europäischen und deutschen Agrarwirtschaft und die damit verbundene kostenorientierte Spezialisierung und Rationalisierung landwirtschaftlicher Betriebe nicht problematisiert wird. Dabei ist diese hauptverantwortlich für die ökonomische Krise einer Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe, die Überschreitung ökologischer Grenzen und die kritische Haltung der Gesellschaft gegenüber großen Teilen der Landwirtschaft“, erklären die Verbände.