Umkämpfte BVVG-Flächen

Die Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen steigen ständig, immer mehr kleinere landwirtschaftliche Betriebe verschwinden, gleichzeitig nimmt die im Besitz überregional aktiver Kapitalinvestoren befindliche Fläche stetig zu und die Artenvielfalt drastisch ab. Angesichts dieser Situation kommt nach Ansicht der Grünen im Deutschen Bundestag der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) bei der Privatisierung der noch in Bundeshand befindlichen Flächen eine besondere Verantwortung zu. „Bäuerliche Betriebe können bei den horrenden Preisen auf dem Bodenmarkt nicht mehr mitbieten und kommen unter die Räder“, sagt Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion gegenüber der Bauernstimme. „Wir müssen die BVVG-Flächen für eine bäuerliche Landwirtschaft und ökologische Interessen dauerhaft sichern, statt sie an überregionale Investoren und Agrarholdings zu verkaufen. Wir sollten bäuerliche Betriebe und junge Menschen mit Ideen unterstützen und Betriebsgründungen ermöglichen, gerade in Regionen mit massiven Strukturproblemen“, so Ostendorff. Vor diesem Hintergrund fordern die Grünen in ihrem Antrag von der Bundesregierung „ein sofortiges Moratorium für die restlichen im Bundesbesitz verbliebenen ehemaligen volkseigenen landwirtschaftlichen Flächen zu verkünden und den weiteren Flächenverkauf sofort zu stoppen“. Aktuell sind nach Angaben der Grünen noch fast 140.000 ha landwirtschaftliche Fläche und gut 9000 ha Forst in Besitz der BVVG. Eine reine Änderung der Verkaufskriterien sei unzureichend, weil diese Flächen dauerhaft verloren gehen und der Gefahr des Verkaufes an Kapitalinvestoren unterliegen. Die verbleibenden landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Flächen müssten stattdessen dauerhaft gesichert werden und in Bundeshand verbleiben. Sie müssten in Zukunft genutzt werden, um gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen: Schutz der Artenvielfalt, Naturschutz durch eine Umwandlung in Nationales Naturerbe und als agrarstrukturelle Reserve durch Überführung in eine bundeseigene Stiftung mit Nutzungsvorrang für besonders naturverträglich wirtschaftende Betriebe, zur Stärkung kleiner bäuerlicher Betriebe und für Betriebsneugründungen. Anfang Juni haben die Umweltminister und -ministerinnen der Länder auf Vorschlag von Mecklenburg-Vorpommern die Bereitstellung von Flächen der BVVG für Umweltsicherungs- und Naturschutzmaßnahmen beansprucht. Dies stelle einen wichtigen Beitrag dar, „um Umweltbelange des Naturschutzes, des Trinkwasserschutzes und des Nationalen Naturerbes, die von der Verfügbarkeit und dem Zugriff auf konkrete Flächen in privater Hand abhängig sind, fristgerecht umsetzen zu können“, heißt es in ihrem Beschluss. Ferner wird die Bundesregierung aufgefordert, „die nach Bereitstellung für die vierte Tranche des Nationalen Naturerbes bei der bundeseigenen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, BVVG, verbleibenden Flächen unentgeltlich an die neuen Bundesländer mit der Verpflichtung anzubieten, diese insbesondere für Maßnahmen des Trinkwasserschutzes sowie zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie einzusetzen. Hiervon ausgenommen sollen nur solche Flächen bleiben, für die noch Erwerbsansprüche nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz oder für die noch Direkterwerbsansprüche der langfristigen Pächter nach den mit den neuen Bundesländern abgestimmten Privatisierungsgrundsätzen bestehen.“ Die „vierte Tranche“ findet Erwähnung im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Dort heißt es: „Das erfolgreiche Programm „Nationales Naturerbe“ werden wir mit einer vierten Tranche über 30 000 Hektar, darunter 20 000 Hektar von der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH, fortsetzen.“ Dagegen wendet sich jetzt der Bauernverband (DBV) und fordert die Fraktionsvorsitzenden von CDU/CSU und SPD auf, diese Inanspruchnahme von Flächen „zu überdenken“. Diese „immense Beanspruchung von Flächen“ beruhe auf der Annahme, dass im BVVG-Bestand noch erhebliche Nutzflächen vorhanden sind, die nicht landwirtschaftlich nutzbar sind. Der DBV stellt jedoch fest, dass sich der Umfang der nicht landwirtschaftlich nutzbaren Flächen der BVVG auf deutlich weniger als 5.000 Hektar beläuft. Die Vorgabe aus dem Koalitionsvertrag führe demnach dazu, dass wertvolle Agrarflächen der Bewirtschaftung entzogen werden müssen. Dieses Vorgehen stehe im deutlichen Widerspruch zu dem ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziel, den Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen bis 2030 auf 30 Hektar am Tag zu reduzieren. „Diese überproportionale Inanspruchnahme der BVVG-Flächen bringt betroffene Bauern in massive Schwierigkeiten, da wertvolle landwirtschaftliche Nutzflächen wegfallen", sagt DBV-Präsident Joachim Rukwied. Und auch der Verband „Familienbetriebe Land und Forst“, die ehemalige Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzerverbände, meldet sich zu Wort: „Weder die beabsichtigte Übertragung von Flächen der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) ins „Nationale Naturerbe“ noch die von den Landesumweltministern geforderte Übertragung der restlichen BVVG Flächen auf die Neuen Bundesländer dürfen umgesetzt werden.“
15.06.2018
Von: FebL

Mit diesem Bild samt Slogan begrüßt die BVVG die Besucher auf ihrer Homepage. Der bäuerlichen Landwirtschaft hat sie bisher kaum Land zum Leben überlassen.