Tiertransporte aus Deutschland werden deutlich eingeschränkt

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat bekanntgegeben, dass Tiertransporte aus Deutschland in Zukunft deutlich erschwert und die meisten bilateralen Veterinärbescheinigungen für Zuchttiere zurückgezogen werden. Diese hatten bisher den Handel lebender Tiere mit verschiedenen Staaten vereinfacht. Der Bundeslandwirtschaftsminister spricht sich zudem grundsätzlich gegen den Export von lebenden Tieren aus. Die Tierschutzorganisation PROVIEH begrüßt das Zurückziehen der Bescheinigungen als ersten wichtigen politischen Schritt hin zu einem vollständigen nationalen Verbot von Lebendtierexporten in Drittstaaten.

Das BMEL schränkt Tiertransporte aus Deutschland in Länder außerhalb der EU weiter deutlich ein: Deutsche Veterinärbescheinigungen für Exporte lebender Rinder, Schafe und Ziegen zur Zucht werden mit Wirkung vom 1. Juli 2023 zurückgezogen. Zuvor wurden bereits entsprechende Veterinärbescheinigungen für alle Mast- und Schlachttiere aus Deutschland in Drittländer zurückgezogen, teilt das BMEL mit.

Bundesminister Cem Özdemir erklärt: „Wir können nicht länger zusehen, wie Tiere auf langen Transporten leiden oder qualvoll sterben. Deshalb begrenzen wir die Transporte aus Deutschland in Länder außerhalb der EU, soweit wir das selbst können. Damit nationale Beschränkungen nicht umgangen werden, brauchen wir aber auch dringend bessere gemeinsame Regeln in Europa.“

Ziel der Bundesregierung sei es, den Tierschutz beim Transport weiter zu stärken. Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir habe sich daher bereits in Brüssel für ein EU-weites Verbot von Langstreckentransporten eingesetzt, heißt es aus dem BMEL. Dazu habe Özdemir im Juli – im Schulterschluss mit seinen Amtskolleginnen und -kollegen aus Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Schweden („Vught-Gruppe“) – ein Positionspapier zum Tierschutz beim Transport an die EU-Kommission gerichtet, um auf die Dringlichkeit einer Anpassung des EU-Tiertransportrechts hinzuweisen.

„Es ist keinem Tier geholfen, wenn nationale Verbote umgangen werden, indem Tiere zunächst in einen anderen Mitgliedstaat gebracht werden, um sie von dort aus in Drittländer zu exportieren. Die Europäische Kommission sollte nun schnell handeln“, so Özdemir.

Mit dem Zurückziehen der Veterinärbescheinigungen für lebende Wiederkäuer zu Zuchtzwecken können diese laut BMEL ab dem Stichtag 1. Juli 2023 nicht mehr verwendet werden. Statt des Transports lebender Tiere zur Zucht werde der Fokus künftig noch mehr darauf liegen, genetisches Material auszutauschen bzw. die Tierzucht bei Handelspartnern zu verbessern. Dazu stimme das BMEL mit Drittstaaten Veterinärzertifikate für den Export von beispielsweise Rindersamen ab.

PROVIEH: Die Richtung stimmt

„Die Richtung stimmt“, kommentiert PROVIEH die Bekanntgabe aus dem BMEL und spricht von einem wichtigen Meilenstein. „Bereits seit vielen Jahren kämpft PROVIEH für das Ende der qualvollen Lebendtierexporte. Ein erster wichtiger Schritt für Deutschland ist nun getan. Danke, Cem Özdemir!“, würdigt Patrick Müller, Hauptstadtreferent von PROVIEH, das bisher Erreichte. „Weiterhin bleibt aber ein vollständiges nationales Transportverbot in Drittstaaten unbedingt notwendig, damit die Tiere nicht mehr unter tierschutzwidrigen Bedingungen bei den Transporten in alle Welt leiden müssen.“

Für die Tiere ändert sich nach Ansicht von PROVIEH ab Juli 2023 vermutlich zunächst nichts. Denn zum einen werden nicht alle Bescheinigungen zurückgezogen, sondern für die Beitrittsländer der EU blieben sie bestehen. Zum anderen gebe es mit einigen Ländern wie beispielsweise Usbekistan in der Vergangenheit keine Abkommen. In diese Länder wurden jedoch auch in der Vergangenheit Tiere transportiert. Eine Veterinärbescheinigung ist für den Transport demnach nicht zwingend notwendig. Das heißt laut PROVIEH, auch weiterhin dürfen Tiere auf grausame Exporte geschickt werden, begleitet von Hunger, Durst, Angst, Stress und mangelhafter Versorgung. Trotzdem sei das Aufkündigen der bilateralen Verträge ein erster richtiger Schritt auf politischer Ebene hin zu einem vollständigen Verbot der Lebendtierexporte.

Deutschland, als starker Staat der EU, müsse nun unbedingt weiter vorangehen und national ein vollständiges Exportverbot für lebende Tiere umsetzen. Dies sei über eine Verbotsverordnung nach § 12 problemlos möglich, argumentieren gleich mehrere juristische Fachgutachten – zuletzt sogar eines des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. „Das Exportverbot ist dringend nötig und es ist möglich: PROVIEH wird sich für die Umsetzung weiterhin einsetzen!“

Vor kurzem hatte auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem Gutachten empfohlen, die Dauer von Lebendtiertransporten zu verkürzen, um der Verbreitung antibiotikaresistenter Keime vorzubeugen. Und im Januar diesen Jahres hatte zudem das Europäische Parlament Empfehlungen für strengere und wirksamere Tierschutzvorschriften bei Lebendtiertransporten angenommen. Die Abgeordneten forderten unter anderem, in Zukunft stärker auf den Transport von Genmaterial oder bereits geschlachtete Tierkörper zu setzen.

02.11.2022
Von: FebL/PM

Özdemir schränkt Tiertransporte aus Deutschland deutlich ein. Bildquelle: PROVIEH/JO_Anne_McArthur_WeAnimals