Rollback impossible: Landwirtschaft und Ernährung jetzt krisenfest machen!

Presseerklärung der BÖLW-Mitgliederversammlung

Der schreckliche Krieg in der Ukraine legt das Brennglas über die Schwächen unseres Ernährungssystems. Im ebenso gravierenden Maße wie die Klima- und Biodiversitätskrise zeigen die Folgen des Krieges, dass ein Umbau drängt. Ein Umbau, der unsere Agrar- und Ernährungssysteme krisenfest macht – bei uns in Europa und weltweit. Wissenschaftlich erwiesen ist: Sichere Ernten brauchen resiliente Öko-Systeme. Ernährungssouveränität braucht stabile, regional orientierte Wertschöpfungsketten. Eine zukunftsfähige Tierhaltung muss auf einer flächengebundenen, heimischen Futterversorgung fußen. Eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln braucht Unabhängigkeit von mineralischen Stickstoffdüngern, die große Mengen fossile Energie benötigen.

Trotz der wachsenden Bedrohung durch die akuten Krisen ist die Bundesregierung nach drei Monaten im Amt noch keine konkreten Schritte für den Umbau des Agrar- und Ernährungssystems gegangen. Der Umbau droht, noch bevor er gestartet ist, steckenzubleiben, denn:

  • was Deutschland für die neue Agrarpolitik ab 2023 im Februar an die EU-Kommission gegeben hat, konterkariert die Bio-Ziele der Bundesregierung; 
  • die Haushaltsplanung des Bundeskabinetts für 2023 belässt die Forschungsmittel für Bio auf niedrigstem Niveau und
  • der geplante Bio-Aktionsplan der Bundesregierung wurde noch nicht angepackt.

Damit der Umbau gelingt, für den die nachhaltig wirtschaftenden Unternehmerinnen und Unternehmer der Lebensmittelwirtschaft eine Perspektive brauchen, muss Transformation jetzt konkret angepackt werden.Wir Bio-Bauern, -Lebensmittelhersteller und -Händler stehen bereit!

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Innovationkraft von Bio für die Lösung der drängenden Krisen zu nutzen! Die BÖLW-Mitgliederversammlung appelliert an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestages: 

  • Umsetzung der EU-Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ (Farm to Fork) in Deutschland beschleunigen! Die gestern bestätigten Ergebnisse der „Zukunftskommission Landwirtschaft“ flankieren das. 
  • Die GAP muss so gestaltet werden, dass die Bio-Ziele jetzt und künftig erreicht werden können. 
  • Umbau der Tierhaltung anpacken! Die Tierhalter müssen eine nachhaltige Perspektive bekommen – mit einer verpflichtenden Haltungskennzeichnung nach Vorbild der Eierkennzeichnung mit eigener Bio-Stufe, einer Abgabe auf Fleisch und mit einem Prämiensystem, das eine gute, flächengebundene Tierhaltung erreicht. 
  • Forschung zum Ökolandbau endlich finanziell und strukturell in einem größeren Umfang stärken! Investitionen müssen dem 30 % Bio-Ziel gerecht werden und dabei die ökologische Praxisforschung effektiv einzubinden. 
  • Das 30 % Bio-Ziel bis 2030 zu erreichen heißt: Statt der ca. 5 % (82.000 ha) Umstellung im vergangenen Jahr müssen künftig jährlich 12 % der deutschen Landwirtschaftsfläche (bis zu 400.000 ha/ Jahr) auf ökologischen Landbau umgestellt werden.
  • Ökologische Wertschöpfungsketten gezielt stärken! Dazu braucht es eine Unterstützung, die von besseren Rahmenbedingungen für Bio-Bäckereien, -Fleischereien, -Mühlen, -Molkereien & Co. bis zu ambitionierten Zielvorgaben und Ressourcen für mehr Bio in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) reicht.
  • Mit einer ambitionierten Eiweißpflanzenstrategie die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bei der Düngerproduktion und bei der Futtermittelversorgung verringern! 
  • In der für 2023 angekündigten Ernährungsstrategie Bio als Transformationsmotor für eine für Mensch, Tier und Umwelt gesunde Ernährung wirksam integrieren!