Organisationen appellieren an Agrarministerkonferenz: Das Land denen, die es bearbeiten!
Zum Auftakt der internationalen Agrarministerkonferenz (Global Forum for Food Agriculture, GFFA), die auf Einladung Deutschlands vom 24. bis 28. Januar in Berlin stattfindet, weisen die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft AbL, Brot für die Welt, FIAN und INKOTA darauf hin, dass immer mehr Ackerland von Finanzinvestoren aufgekauft und für nachwachsende Rohstoffe und industrielle Zwecke genutzt wird. Am 22. Januar übergaben 30 Traktorfahrerinnen und Traktorfahrer anlässlich der 12. „Wir haben es satt“-Aktion einen Appell, diese Entwicklung aufzuhalten, an die Agrarministerinnen und Agrarminister des GFFA.
„Wir haben uns erneut auf den Weg gemacht, um diesen Aufruf zum Handeln an das GFFA zu übergeben, denn wir sind in großer Sorge um unsere Höfe hier und weltweit. Immer mehr unserer Kolleginnen und Kollegen verlieren das Land, von dem sie leben und auf dem sie arbeiten, um Nahrungsmittel für alle anzubauen“, so Reiko Wöllert, stellvertretender Bundesvorsitzender der AbL.
Landgrabbing weltweit weiter ein riesiges Problem
„In vielen Ländern sehen wir den Trend zum Landgrabbing ungebrochen, zum Beispiel in Mosambik wie unsere Partnerorganisationen berichten. Investoren haben in den letzten Jahren hunderttausende Hektar Land gekauft. Land, das jetzt Konzerne und nicht mehr Bäuerinnen und Bauern bewirtschaften. Land, auf dem häufig keine Lebensmittel mehr angebaut werden, sondern Energiepflanzen für Industrie und Verkehr, obwohl viele Menschen noch immer hungern“, so Lena Bassermann vom entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk.
„Auch in Deutschland werden immer mehr bäuerliche Betriebe verdrängt. Die Preise für Ackerland sind in den letzten 15 Jahren um 193 Prozent gestiegen. Große Versicherungskonzerne und Lebensmitteldiscounter wie ALDI besitzen tausende Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche“, sagt Wöllert. „Von 2007 bis 2016 haben rund zwei Prozent der deutschen Acker- und Grünlandflächen in Form von Anteilskäufen, sogenannten Share Deals, den Eigentümer gewechselt. Dafür wurde noch nicht einmal Grunderwerbssteuer fällig.“
Das diesjährige GFFA-Thema „Nachhaltige Landnutzung und Boden“ weckt weltweit große Erwartungen
„Wir appellieren an die Agrarministerinnen und Agrarminister, Maßnahmen gegen die Verdrängung von Bäuerinnen und Bauern zu beschließen. Mit den ‚Land-Leitlinien der FAO liegt die völkerrechtliche Grundlage vor. Die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft sollte im Abschlusscommuniqué verankert werden“, fordert Roman Herre von der Menschenrechtsorganisation FIAN. Mit den Land-Leitlinien hat der Welternährungsausschuss 2012 die Grundlage für eine menschenrechtskonforme Landpolitik verhandelt und einstimmig beschlossen. „Wir benötigen dringend einen Schub für die Umsetzung dieser Leitlinien in Deutschland und weltweit, ansonsten droht eine Landwirtschaft ohne Bäuerinnen und Bauern“, sagt Herre.
„Land muss zuallererst die Menschen ernähren. Ohne Bäuerinnen und Bauern, ohne ein breites Angebot an guten und erschwinglichen Nahrungsmitteln werden wir den Hunger nicht überwinden. Wenn die Nahrungsmittelerzeugung verdrängt wird, weil Aktienfonds, Investoren oder Pensionskassen Land für Renditen nutzen, nimmt der Hunger zu“, sagt Stig Tanzmann, Referent für Landwirtschaft bei Brot für die Welt. Die Vereinten Nationen haben 2018 eine Bauernrechtserklärung (UNDROP) verabschiedet. Darin wird der Beitrag von Bäuerinnen und Bauern zur Ernährungssicherheit anerkannt. „Weltweit warten Bäuerinnen und Bauern ungeduldig darauf, dass endlich ein globaler Prozess gestartet wird, der diese Erklärung umsetzt. Dazu wünschen wir uns ein Signal der Agrarministerkonferenz.“
Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Ophelia Nick, erklärte zur Eröffnung der Konferenz: "Unser Boden ist mit Luft, Wasser und der Biodiversität eine der wichtigsten natürlichen Ressourcen, die wir dringend erhalten müssen. Das gilt hier und weltweit. Wir müssen diesen Schatz für künftige Generationen erhalten und pflegen. Wir wollen eine bodenschonende und naturverträgliche Landwirtschaft fördern, dem Verlust landwirtschaftlicher Flächen und wichtiger Ökosysteme entgegenwirken und müssen dringend die Rechte für den fairen Zugang zu Land weltweit verbessern. Dies ist wesentlich, um die Ernährung aller Menschen auf der Grundlage von Ernährungssouveränität und agrarökologischen Prinzipien zu sichern und so die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 sowie die Umsetzung des Menschenrechts auf angemessene Nahrung zu erreichen.“