Die Ergebnisse der aktuellen Berechnung der Milchproduktionskosten in sechs europäischen Ländern zeigen die wirtschaftlichen Fakten, die für die Milcherzeuger bitteres Tagesgeschäft sind, schwarz auf weiß: Milcherzeugungskosten und Milchauszahlungspreise bewegen sich auseinander! Auch in den sogenannten „guten Jahren“ – zwischen den Milchkrisen – liegen die Preise permanent unter den Produktionskosten. Das zeigt eine Kostenstudie mit aktuellen Zahlen zu Frankreich, Deutschland, Dänemark, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden, die das European Milk Board (EMB) jetzt veröffentlicht hat.
Laut der
Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch“ des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) lagen die Milcherzeugungskosten im fünf-Jahres Schnitt in den sechs europäischen Mitgliedsstaaten zwischen 41 und 46 Cent pro Kilogramm Milch. Die Preise betrugen im gleichen Zeitraum durchschnittlich allerdings nur ca. 32 bis höchstens 35 Cent pro Kilogramm Milch. „Die europäischen Milcherzeuger haben jeden Monat ein dickes Minus auf dem Konto“, bringt es die Studienautorin, Dr. Karin Jürgens, auf den Punkt. „Wird dieses Dilemma nicht gelöst, wird es für die Milchbetriebe – sowohl große als auch kleine – immer schwieriger, die Milchproduktion in Europa aufrecht zu erhalten“.
Die Produktionskosten inklusive Entlohnung und durchschnittlichen Nettoinvestitionen liegen im Jahr 2017 in allen sechs Ländern deutlich über den Milchpreisen und belaufen sich auf zwischen 43,39 ct/kg (Deutschland) und 48,89 ct/kg (Luxemburg). Und selbst ohne Beachtung der notwendigen Nettoinvestitionen ist die Kostenunterdeckung im fünf-Jahres-Durchschnitt beträchtlich und beträgt zwischen 14 % (Dänemark) und 27% (Belgien und Frankreich).
Für Erwin Schöpges, Milcherzeuger im ostbelgischen Amel und Präsident des EMB, bestätigen die Zahlen die chronisch angespannte Situation auf den Höfen. „Wir Milcherzeuger bekommen nicht einmal unsere reinen Produktionskosten gedeckt – geschweige denn die Arbeitskosten.“ Ausbezahlt werde im Prinzip das, was der Molkerei unterm Strich übrigbleibt, führt Schöpges weiter aus. „Nur dank der Zuverdienste außerhalb der Landwirtschaft können wir unsere Betriebe am Leben erhalten“ Die europäischen Milcherzeuger erwarten zudem steigende Kosten im kommenden Winter aufgrund der dürrebedingten Futterausfälle. „Uns stehen harte Zeiten bevor, da die Milchpreise weiterhin auf zu niedrigem Niveau verharren“, skizziert der Vorsitzende des europäischen Milcherzeugerverbandes die Perspektiven für die Milchproduzenten.
Die Studie zu den Produktionskosten wurde kürzlich auch den Experten der Milchmarktbeobachtungsstelle (MMO) der Europäischen Kommission vorgestellt. „Die roten Zahlen auf unseren Milchabrechnungen wurden zwar zur Kenntnis genommen, aber es gab keinen Aufschrei angesichts des Ungleichgewichts innerhalb der Lebensmittelkette “, zeigt sich der EMB-Präsident von den Reaktionen der Teilnehmer enttäuscht. „Dabei braucht es gerade jetzt den Willen seitens der EU-Politik, um die zukünftige Gemeinsame Agrarpolitik mit einem funktionierenden Krisenmechanismus auszustatten!“
Die aktuelle Studie des BAL basiert auf anerkannten und EU-weit vergleichbaren repräsentativen Daten der Europäischen Kommission (Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen – INLB sowie Preisindices Landwirtschaft). Für die Arbeitskosten werden Tarifstandards des jeweiligen Landes genutzt. Diese berücksichtigen den Ausbildungs- und Qualifikationsgrad der Arbeiter sowie länderbezogene Lohnstandards für landwirtschaftliche Betriebsleiter. In der Kostenkalkulation werden zudem Beihilfen von den Gesamtkosten abgezogen sowie die Nettoinvestitionen (zehn-Jahres-Durchschnitt) ausgewiesen.