Die Ökoregelungen bewegen die GAP in die richtige Richtung, werden in der Praxis aber unterschiedlich nachgefragt.
Das System mit Anreizen statt Ordnungsrecht sei in Ordnung, sagt Martin Schulz, AbL-Bundesvorsitzender und Neuland-Bauer im niedersächsischen Wendland, zu den in der letzten GAP-Reform einführten Ökoregelungen, die einen Teil der klassischen Direktzahlungen ergänzen und bestimmte freiwillig erbrachte Leistungen der Bauern und Bäuerinnen im Hinblick auf Umwelt-, Klima- und Biodiversitätsschutz honorieren sollen. Allerdings liegt wie so oft der Teufel im Detail. So ist beispielsweise aus Sicht von Martin Schulz die Prämienhöhe bei der Ökoregelung 6 – Pestizidreduktion – zu gering, als dass sie für konventionelle Betriebe gerade in nicht ganz schlechten Ackerbauregionen attraktiv wäre. „200 Euro auf den Hektar müsste man schon haben, um die Mindereinnahmen zu kompensieren, vorgesehen sind aber nur 130“, so Schulz. Bei der Ökoregelung 1d, der Anlage von Altgrasstreifen, fürchtet er das Sanktionsrisiko, da die Konstruktion praxisfremd sei. „Es wäre besser gewesen zu sagen: zehn Prozent Altgrasstreifen, egal wo. Dann ist die Gefahr, falsch zu messen, deutlich reduziert.“
Vielfältige Kulturen in der Praxis
Auch bei der Ökoregelung zur Fruchtfolgegestaltung (ÖR 2) gebe es Potential, die Anteile von zehn Prozent Leguminosen und maximal 30 Prozent von einer Kultur zu verhauen. Zudem: Er könne als Neuland-Schweinehalter im Gegensatz zu vielen anderen Berufskollegen die Leguminosen gut vermarkten bzw. verwerten, sprich verfüttern, für ihn stelle sich allerdings ein anderes Problem: „Ich brauche einen höheren Anteil Getreide in der Fruchtfolge, weil ich auf das Stroh im Stall angewiesen bin.“ Was bleibt also? Trotzdem einiges, sagt Schulz. Er hole das, was über die Kürzungen der Direktzahlungen wegbleibe, vor allem durch die beliebteste Ökoregelung wieder rein: Von Anfang an überzeugte viele und auch regional breit die Ökoregelung 5 der extensiven Grünlandnutzung, welche den Nachweis von vier Kennarten vorschreibt. Trotz Ruckeligkeiten in der Umsetzung sei der Aufwand mit der Prämie von 240 Euro pro Hektar finanzierbar, so Schulz. Und weil so wenige der anderen Ökoregelungen abgerufen wurden, seien es dann ja sogar 320 Euro pro Hektar geworden. Dieses Jahr nun zeichnet sich ein neuer Shooting Star am Ökoregelungshimmel ab, der auch für Martin Schulz leuchtet: die Ökoregelung 1a, die die Stilllegung ab einem Prozent der Fläche honoriert. Sie konnte überhaupt erst Bedeutung erlangen, weil die EU in ihrem ersten Rollback-Paket den auch im Zusammenhang mit den Bauernprotesten meistgehassten GLÖZ-Standard, die vierprozentige Stilllegung, abräumte.
Unkompliziert muss es sein
Größeres Interesse an der Stilllegungsökoregelung nehmen auch Berater bei der Landwirtschaftskammer wahr, ohne schon die gerade abgeschlossene Antragsperiode ausgewertet zu haben. Statt vier Prozent Zwangsbrache ohne Honorierung werden nun ein Prozent mit 1.300 Euro honoriert und „ein paar unproduktive Ecken“ habe schließlich jeder, so der Tenor. Das führe aber eben auch dazu, dass nicht unbedingt dort stillgelegt würde, wo es unter ökologischen Gesichtspunkten am sinnvollsten sei. Es komme darauf an, dass es genug Geld gebe, die Maßnahme unkompliziert sei und damit keine großen Sanktionsbefürchtungen im Raum stünden, so das Fazit eines Beraters. Dass die Ökoregelungen mit ihrer Einjährigkeit so flexibel seien, erscheine auch auf der Habenseite, allerdings sinke die Attraktivität, je intensiver die Bewirtschaftung in der Region.
Evaluieren und anpassen
Auch Martin Trieschmann ist Berater – beim Ökoanbauverband Naturland in Hessen – auch er sieht, was bei den Ökoregelungen gut funktioniert. „Die Kennarten, keine Frage – da steht das Geld, was dabei rumkommt, im Verhältnis zum Aufwand, auch wenn beispielsweise die neu eingeführte App zur Erfassung noch nicht funktioniert. Trotzdem lohnt es sich, dafür in die Gummistiefel zu steigen.“ Die Frage, wie viel Sinn die Ökoregelungen für den Betrieb machten, stelle sich immer danach, wo der Betrieb herkomme, so Trieschmann. Wer intensiv wirtschafte, werde sicherlich weniger partizipieren. Bislang seien die Ökoregelungen auch nicht die Hebel für Veränderungen für die Umwelt. „Das haben die einschlägigen Lobbygruppen ja auch nicht gewollt.“ Aber durch die Flexibilität, jedes Jahr einen neuen Antrag stellen zu können, Dinge auszuprobieren und auch an sich verändernde Marktbedingungen anpassen zu können, würden unter Umständen Maßnahmen für Betriebe erst nach und nach interessant.
Es muss risikoarm umsetzbar sein
„Warten wir doch mal ab, wie das mit dem Wasser dieses Jahr wird, vielleicht sagt dann auch der große Betrieb, was soll ich noch auf 100 dt Weizen düngen, wenn ich dafür das Wasser nicht habe. Dann kann ich auch bei den Pestiziden verzichten und an der Fruchtfolge drehen.“ Es müsse allerdings risikoarm umsetzbar sein: Wenn der Nachbar Anträge stelle, den Aufwand habe und aber immer wegen irgendwelcher Fehler oder Kompliziertheiten nur die Hälfte genehmigt kriege, dann lasse man es. Rollback und Anpassungen bei den Ökoregelungen senkten zwar im Moment eher die Anforderungen vor dem Hintergrund der Veränderungen der gesellschaftlichen Stimmungslage. Trieschmanns Resümee ist trotzdem: „Das mit den Ökoregelungen ist ein schönes Projekt, was jetzt in der Realität ankommt, und da muss man nun evaluieren, was funktioniert und was nicht. Und dann muss man auf Maßnahmen setzen, die einen Hebel entwickeln, die den Betrieben nützen und der Biodiversität.“