Der DBV sieht „extrem stabile“ Erzeugerpreise, die AbL die „Instabilität bäuerlicher Existenzen“

In seinen Marktdaten zum Jahreswechsel 2019/2020 bezeichnet der Deutsche Bauernverband (DBV) 2019 als „milchwirtschaftlich ein besonderes Jahr: Denn zum einen lagen die Produktionskosten für Rohmilch in vielen Regionen Deutschlands angesichts der Hitze- und Dürresommer 2018 und 2019 – und der damit einhergehenden mangelhaften Futterernte – deutlich über den vergangenen Jahren. Zum anderen waren die Erzeugerpreise 2019 extrem stabil. Sie bewegten sich im Bundesschnitt im Jahresverlauf nur in einem schmalen Bereich zwischen 32,6 bis 33,8 Ct/kg“. Für Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft in Niedersachsen, ist Stabilität im allgemeinen Sprachverständnis ein positiv besetzter Begriff. „Wenn allerdings der Bauernverband in einem Rückblick auf das abgelaufene Jahr von ‚extrem stabilen‘ Milchpreisen spricht, hat er damit bereits jetzt gute Aussichten im Wettbewerb um den ‚Euphemismus des Jahres‘“, erklärt Ilchmann, denn hier wird die Situation der Milchviehbetriebe beschönigt, über die wahre Situation getäuscht. Die Stabilität besteht nicht nur für Ilchmann nämlich darin, und das verschweigt der DBV, dass die Preise das ganze Jahr über in einem Bereich von ca. 10 Cent bzw. 25 % unterhalb der Kostendeckung stagnierten. „Diese ‚stabilen‘ Preise führen zu einer extremen Instabilität bäuerlicher Existenzen, weitere Betriebsaufgaben sind absehbar“, sagt Ilchmann. Dabei hätte seiner Ansicht nach der Bauernverband im Rahmen der Entwicklung einer Sektorstrategie für den Milchmarkt durchaus die Möglichkeit, die Marktposition der Milchbauern zu verbessern, falls er sich noch als Interessenvertretung der Milchbauern verstünde. „Anscheinend liegen ihm aber die Interessen der Genossenschaftsmolkereien mehr am Herzen, in deren Vorständen und Aufsichtsräten Bauernverbandsfunktionäre allzu häufig das Sagen haben“, kritisiert der AbL-Landesvorsitzende. Die Milchbranche arbeitet seit geraumer Zeit an einer „Sektorstrategie 2030“. Ein Ergebnis war bereits für Herbst 2019 angekündigt, liegt aber noch nicht vor. Die Federführung für die Strategie liegt in den Händen eines Lenkungsgremiums, bestehend aus Vertretern des DBV, des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und des Milchindustrie-Verbandes (MIV).