Jede dritte Hähnchenfleischprobe aus Massentierhaltung mit antibiotikaresistenten Keimen belastet

Eine Stichprobenuntersuchung des Institute of Pharmacy/LPG - Pharmaceutical Microbiology der Universität Greifswald im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeigt, dass jedes dritte Hähnchenfleischprodukt aus Massentierhaltung mit antibiotikaresistenten Erregern belastet ist – genauer gesagt 11 von 35 Hähnchenfleischproben. Von den 30 getesteten Bio-Hähnchenfleischprodukten waren hingegen 2 Proben belastet. Antibiotikaresistente Keime entstehen u.a. durch den exzessiven Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung, so die DUH. Bei der Schlachtung können die Keime vom Darm der Tiere auf die Fleischoberfläche und letztlich den Menschen übergehen – mit fatalen Folgen: Jeden Tag sterben laut DUH fast 100 Menschen in Europa an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen und die Zahl steigt besorgniserregend. Die DUH fordert deswegen Ernährungs- und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, den Einsatz von Reserveantibiotika bei Nutztieren strenger zu regulieren.

„Dieses Ergebnis belegt erneut, wie gesundheitsgefährdend Massentierhaltung für uns Menschen ist. Die Antibiotika, die eigentlich als Reserve das letzte Mittel für erkrankte Menschen sind, bekommen die anfälligen ‚Turbohähnchen‘ vorbeugend und in Massen – und das nur, damit sie unter Qualzucht-Bedingungen weitervegetieren und lebend den Schlachthof erreichen“, erklärt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. Er fordert Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir auf, endlich zu handeln handeln und Qualzucht ebenso wie den unnötigen Antibiotikaeinsatz zu stoppen. „Reserveantibiotika müssen den Menschen vorbehalten sein und sollten überhaupt nicht an große Tiergruppen verabreicht werden. Wir raten Verbraucherinnen und Verbrauchern: Verzichten Sie für Ihre Gesundheit auf den Kauf von Geflügel aus Massentierhaltung“, so Müller-Kraenner.

Handlungsbedarf sieht die DUH auch bei Supermärkten und Discountern: Sie müssen ihren Lieferanten klar signalisieren, dass die Qualzucht der Masthühner ein Auslaufmodell ist. Konkret fordert die DUH einen Umstieg von den Massentierhaltungsstufen 1 und 2 auf die besseren Haltungsstufen 3 und 4 bis spätestens 2028.

„In Deutschland stammen rund 90 Prozent der Masthühner aus qualvoller Turbozucht, der Großteil davon bekommt Antibiotika. Beim Verbrauch des Reserveantibiotikums Colistin steht Deutschland an dritthöchster Stelle in Europa – ein Armutszeugnis. Turbozucht und Antibiotikamissbrauch schaden zuerst den Tieren, dann uns Menschen“, sagt Reinhild Benning, Leiterin Landwirtschaft der DUH, mit Verweis auf die Ampelregierung, die im Koalitionsvertrag versprochen habe, Qualzucht zu identifizieren und eine Tiergesundheitsdatenbank zu etablieren. „Passiert ist bislang gar nichts. Es ist aber wichtig zu wissen, bei welcher Haltung, Zucht und Fütterung die Tiere am wenigsten Medikamente benötigen. Was bessere Zucht und Haltung bringen, zeigt der Ökolandbau: Langsam heranwachsende Bio-Hähnchen sind robuster und brauchen nur in Ausnahmefällen Antibiotika“, so Benning.

Welche Menge an antibiotikaresistenten Keimen auf dem eigenen Teller landet, hängt stark vom individuellen Essverhalten ab, heißt es bei der DUH mit Vereis auf die Homepage www.blitzrechner.de/fleisch. Dort könne berechnet werden, wie viele Dosen Antibiotika die eigens verzehrten Tiere erhalten haben. Dies sind im Durchschnitt 556 Tagesdosen innerhalb von 10 Jahren. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Deutsche bekommt innerhalb dieses Zeitraums nur 47 Tagesdosen Antibiotika verschrieben.

19.03.2024
Von: FebL/PM

Eine Stichprobenuntersuchung im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zeigt, dass jedes dritte Hähnchenfleischprodukt aus Massentierhaltung mit antibiotikaresistenten Erregern belastet ist. Foto: congerdesign/Pixabay