Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. kritisiert den Bund der Deutschen Pflanzenzüchter (BDP) und sein Inkassounternehmen Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) scharf und ruft die Bäuerinnen und Bauern auf, keine Lieferantenerklärung im Sinne des BDP und der STV zu unterschreiben. Die AbL macht kartell- und datenrechtliche Bedenken gegen die geforderten und online abzugebenden Lieferantenerklärungen geltend und wirft dem BDP und der STV unter anderem Ausforschung vor.
Martin Schulz, Bauer aus Quickborn/Wendland und AbL-Bundesvorsitzender, erklärt: „BDP und STV haben das Augenmaß verloren, um einen respektvollen Umgang mit uns Bäuerinnen und Bauern zu pflegen. Es wäre angebracht, dass sich der BDP und die STV mit den Agrarhandelsunternehmen und allen Bauernorganisationen an einen Tisch setzt und die Konsequenzen des BGH-Erntegut-Urteils gemeinsam sorgfältig berät, um Wege für eine vernünftige Zusammenarbeit zu finden. Stattdessen setzen BDP und STV einseitig auf Ausforschung und Nachbau-Gebühreneinzug sowie Druck und Einschüchterung von uns Bauern. BDP und STV wollen, dass Landhandelsunternehmen sich nicht nur nach dem Erntegut erkundigen. Sie sollen sich auch schriftlich bei den Bauern bestätigen lassen, dass Bauern bei den vom BDP und STV vertretenden Pflanzensorten die Nachbaugebühren entrichtet haben. Wenn dies nicht bestätigt wird, sollen die Agrarhandelsunternehmen die Annahme des Erntegetreides verweigern, so wünschen es sich BDP und STV. Seit 1998 führt die von der AbL gegründete überverbandliche Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren‘ (IG Nachbau) die politische und rechtliche Auseinandersetzung um das jahrhundertalte bäuerliche Recht auf Nachbau von Pflanz- und Saatgut. Sie konnte dabei mehrfach Entscheidungen für die Bauern vor dem BGH Karlsruhe und dem EuGH in Luxemburg erringen. BDP und STV möchten das aktuelle Karlsruher Urteil für ihre Interessen nutzen und den Agrarhandel zum verlängerten Arm ihrer Interessen machen.“
Die AbL ruft deshalb die Berufskolleginnen und Kollegen auf, das Gespräch mit den Landhandelsunternehmen zu suchen und keine Lieferantenerklärung im Sinne des BDP und der STV zu unterschreiben. „Unserer Meinung nach ist der Datenschutz nicht mehr gewährleistet, wenn der Agrarhandel und BDP und STV die An- und Nachbaudaten von Ackerfrüchten austauschen sollten“, so Schulz.
Die Bauernproteste in den letzten Monaten hätten zu Recht auch die umfangreichen Bürokratieanforderungen auf unseren Höfen kritisiert. „Jetzt wollen BDP und STV mit einer ,Datenkrake‘ noch mehr Bürokratie schaffen, das nehmen wir nicht hin. Zudem sehen wir kartellrechtliche Probleme. Was ist nach der BGH-Entscheidung mit den freien Pflanzensorten, die nach Auslauf des Sortenschutzes keiner Nachbaugebühren-Pflicht unterliegen? Was ist mit Züchtern, die sich nicht vom BDP und der STV vertreten lassen und keine Nachbaugebühren erheben? Soll in Zukunft nur noch Erntematerial von Pflanzensorten angenommen werden, die der BDP und die STV vertreten? Dies wäre für die AbL ein Fall für das Bundeskartellamt. Die pflanzenzüchterische Arbeit und die bäuerliche Arbeit sind von einem hohen gesellschaftlichen Wert. Sie muss angemessen entlohnt werden und wir brauchen faire gewinnbringende Preise für unser Erntegut. In dieser Übereinstimmung müssen wir Lösungen für die Zukunft finden, statt uns von dem Profitstreben großer Saatgutkonzerne kaputt machen zu lassen“, sagt der AbL-Vorsitzende.
Nach Bekanntwerden der Pläne von BDP und STV hatte auch die IG Nachbau die Bäuerinnen und Bauern aufgefordert, den Plänen von BDP und STV eine deutliche Absage zu erteilen.