IG Nachbau: Setzen Pflanzenzüchter auf Konfrontation gegenüber den Bauern?

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. November 2023 („Erntegut-Entscheidung“, X ZR 70/22) gegen einen Landhändler berichten landwirtschaftliche Medien, dass der Landhandel Überprüfungen der Herkunft beim Ankauf von Getreide vornehmen soll. Die Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren (IG Nachbau) sieht in der geplanten Umsetzung durch den Bund der Deutschen Pflanzenzüchter (BDP) und das im Auftrag der Pflanzenzüchter handelnde Inkassounternehmen Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) eine Intensivierung der Ausforschung der Landwirte über ihren An- und Nachbau (Wiederaussaat der eigenen Ernte) von Ackerfrüchten mit der dahinterstehenden Absicht, die Pflichten sowie die Abhängigkeiten der Landwirte von der Saatgutindustrie deutlich auszuweiten. Die IG Nachbau ruft "die Berufskolleginnen und Kollegen auf, den Plänen von BDP und STV eine deutliche Absage zu erteilen".

Der BDP und die STV führen zum Zweck der Umsetzung Gespräche mit dem Deutschen Raiffeisenverband und haben aktuell eine Registrierungspflicht aller Landwirte vorgeschlagen, die zertifiziertes Saatgut verwenden. Sie wollen, dass die Landwirte zu diesem Zweck alle ihre Saatgut-Kaufbelege sowie den gesamten Anbauumfang verschiedener Fruchtarten offenlegen müssen. Das soll durch die STV geprüft werden, die dann anschließend eine Bescheinigung ausstellt, die die Landwirte von weiteren Rechtsansprüchen der Züchter freistellt.

Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der IG Nachbau, kommentiert: „Diese Pläne von BDP und STV haben überhaupt keine gesetzliche Grundlage. Sie sind auch durch das BGH-Urteil nicht gedeckt. Die angedeutete Freistellung von weiteren Rechtsansprüchen seitens der Züchter ist lediglich eine durchsichtige und klebrige Leimspur, um die Ausforschung der Landwirte über ihren An- und Nachbau (Wiederaussaat der eigenen Ernte) von Ackerfrüchten zu intensivieren. Dahinter steht die Absicht, die Pflichten sowie die Abhängigkeiten der Landwirte von der Saatgutindustrie deutlich auszuweiten. Das soll laut Ansage der STV auch dadurch erreicht werden, dass die Landwirte ihre Nachbauerklärung ab 2025 nur noch digital durchführen sollen. Die Interessengemeinschaft Nachbau ruft schon jetzt alle Berufskollegen dazu auf, diesem Verfahren nicht zuzustimmen.

Die Raiffeisengenossenschaften sowie der Bundesverband Agrarhandel sollten sich die Frage stellen, was ihnen die Kundenbeziehungen zu uns Bäuerinnen und Bauern noch wert sind. Wir fordern sie im Namen unserer bäuerlichen Mitglieder auf, sich nicht zum verlängerten Arm und zum Durchsetzungsgehilfen des BDP und der STV zu machen. Wir rufen die Berufskolleginnen und Kollegen auf, den Plänen von BDP und STV eine deutliche Absage zu erteilen.“

Die Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren wurde am Rande einer Bundesversammlung der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. 1998 gegründet. Sie führt seitdem gegenüber dem BDP und der STV die politische und rechtliche Auseinandersetzung um das freie Recht auf Nachbau von Saat- und Pflanzgut. In zahlreichen Verfahren vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe und vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg konnte die IG Nachbau die Stärkung der bäuerlichen Rechte erreichen.