Der Klimastreik von Fridays for Future, bei dem weltweit in über 3.000 Aktionen Menschen auf die Straße gegangen sind, und zahlreiche Proteste im rheinischen Braunkohlerevier, haben am Wochenende erneut die Notwendigkeit politischen Handelns beim Klimaschutz eingefordert.
Im rheinischen Braunkohlerevier haben Bewohner*innen der vom Kohleabbau bedrohten Dörfer an einer Aktion zivilen Ungehorsams teilgenommen. Die Aktion fand zusammen mit den “Anti-Kohle-Kidz” statt und war Teil eines vielfältigen Protestes für Klimagerechtigkeit in der Region. Zeitgleich fanden Blockaden des Aktionsbündnisses „Ende Gelände” statt, vorangegangen war eine Demonstration von “Fridays for Future” und des Bündnisses “Alle Dörfer Bleiben”.
“Wir hätten uns gewünscht, niemals durch Polizeiketten durch zu müssen – doch die Landesregierung lässt uns keine andere Wahl,” so Britta Kox aus dem bedrohten Dorf Berverath. “Wenn Ministerpräsident Armin Laschet wollte, dann könnte er unsere Dörfer retten.“
Kox sieht die Landesregierung in der Pflicht, da ein neues
juristisches Kurzgutachten im Auftrag von Greenpeace zu dem Schluss gekommen ist, dass das Kohleausstiegsgesetz die Zukunft des Tagebaus nicht abschließend regelt. Das Kurzgutachten von Rechtsanwältin Roda Verheyen zeigt, dass die nordrhein-westfälische Landesregierung durchaus über den planungsrechtlichen Spielraum verfügt, den Tagebau Garzweiler II zu verkleinern und die weiteren von Abbagerung bedrohten Dörfer zu erhalten. Das Kohleausstiegsgesetz regelt die Zukunft des Tagebaus Garzweiler II nicht abschließend. Das Land NRW ist rechtlich verpflichtet, bei der Entscheidung über künftige Tagebaugrenzen und Enteignung von Grundstücken zu prüfen, ob der geplante Kohleabbau überhaupt notwendig und verhältnismäßig ist. Laut Kurzgutachten müssen dabei auch Faktoren wie Klimaschutz und Eigentumsrechte der Anwohnerinnen und Anwohner zwingend berücksichtigt werden.
Alle Dörfer Bleiben erwartet auch im Herbst kein Ende der Proteste rund um den Tagebau: Der Kohlekonzern RWE plant, noch dieses Jahr mit dem Abriss des Dorfes Lützerath zu beginnen und Bäume in der Region zu fällen.
Bereits vor den Protesten hat der Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) konsequentes Handlen beim Klimaschutz eingefordert. „Die Schmerzgrenze ist erreicht. Die von Menschen verursachte Klimakrise vertreibt heute schon Menschen weltweit aus ihrer Heimat. Sie vernichtet die Ernten und damit die Lebensgrundlage vieler Bäuerinnen und Bauern. Schon jetzt haben laut Information der Welternährungsorganisation FAO 700 Millionen Menschen weltweit nicht genug zu essen. UN-Generalsekretär Guterres sieht durch Corona-Pandemie und Klimawandel die Ernährungssicherheit gefährdet“, so Janßen.
In einigen Regionen Deutschlands haben die Betriebe zum dritten Mal in Folge mit lang anhaltender Trockenheit zu kämpfen, die Futtergrundlage für die Tiere reicht nicht, die Ernten fallen geringer aus. „Wir sehen überall abgestorbene Waldbestände, die Arbeit ganzer Generationen und eines unserer wichtigsten Ökosysteme scheinen zu vertrocknen. Seit Jahren warnen uns sehr viele anerkannte Menschen aus der Wissenschaft vor den Folgen eines ungebremsten Klimawandels. Die Regierungen, auch die Bundesregierung in Berlin, machen aber Politik im Zweifelsfall für die Aufrechterhaltung der Konsumverschwendung und Sicherung der Konzern-Profitinteressen statt unsere Lebensgrundlagen aktiv und nachhaltig zu sichern. Das Klimaschutzgesetz und das wichtige angekündigte Ziel der Klimaneutralität sind richtige Korrekturen. Sie bleiben halbherzig, solange nicht konkrete Schritte zur Erreichung derselben viel entschlossener und schneller angepackt werden“, erklärt Janßen.
Im Amazonas werde weiter der für das Weltklima so wichtige Regenwald angesteckt, damit noch mehr Soja und Rindfleisch für den Weltmarkt produziert werden kann und die Erzeugerpreise weiter fallen. „Das alles mit der Rückendeckung einer brasilianischen Regierung, die für die Profite der großindustriellen Sojabarone über Natur und Leichen geht. Mit dieser Regierung will die EU immer noch ein Freihandelsabkommen vereinbaren. Wir fordern die Bundesregierung in ihrer EU-Ratspräsidentschaft auf, klar und deutlich das EU-Mercosur-Freihandelsabkommen abzulehnen, um ein deutliches Signal für einen fairen Welthandel und für den Klimaschutz zu setzen“, macht Janßen deutlich.
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Die Bundesregierung unternehme bislang aber kaum Schritte, mit der alten EU-Agrarpolitik - wer hat, dem wird noch mehr gegeben - zu brechen. Ein weiter so löse aber die ökonomischen, ökologischen und sozialen Probleme nicht. Der Vorschlag, u.a. von der AbL, die Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft auf den Äckern und in den Ställen zu honorieren, liege auf dem Tisch. Damit erhalte eine vielfältige Landwirtschaft mit klimaschonenden Ackerbau und Tierhaltung eine Perspektive und kann die Betriebe wirtschaftlich und ökologisch stabilisieren.
„Klimaschutz liegt in unserem ureigenen Interesse. Deshalb sind wir Bäuerinnen und Bauern gut beraten, Fridays for Future zu unterstützen, Seite an Seite mit der jungen Generation für Klimaschutz auf die Straßen zu gehen und den Druck zum konsequenten Handeln weiter zu erhöhen“, so Janßen abschließend.