Verbände-Brief: Stopp der staatlichen Förderung von Biokraftstoffen!

Die Beimischung von Biokraftstoffen zu fossilem Benzin wird seit mehr als fünfzehn Jahren staatlich gefördert. Spätestens seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch noch einmal verschärften Welternährungslage muss nach Ansicht von Vetreter:innen verschiedener Organisationen und wissenschaftlicher Institutionen aus dem Agrar-, Umwelt- und Verbraucherschutzbereich die Verarbeitung von Weizen, Mais und Rapsöl zu Biokraftstoffen aber in Frage gestellt werden: Statt Getreide und Raps in Autos zu verbrennen, sollte es vorrangig für die menschliche Ernährung eingesetzt werden.

Mit dieser Position haben sich die Vertreter:innen in einem gemeinsamen Brief an die Abgeordneten der FDP und SPD-Bundestagsfraktionen gewendet. Während Bundesumweltministerin Steffi Lemke, der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir und die Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze aktuell für einen Förderstopp für Biokraftstoffe einstehen, positionieren sich die FDP- und SPD-Fraktionen aktuell gegenläufig, heißt es in dem Brief.

Neben der Frage der Ernährungssicherheit wird in dem Brief auch darauf hingewiesen, dass Biokraftstoffe – anders als oft verlautbart – keine klimaschonende Alternative zu fossilen Kraftstoffen darstellen.

In dem Brief heißt es unter anderem: „78% des in der EU eingesetzten Biodiesels und 96% des Bioethanols werden aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen (v.a. Pflanzenölen und Getreide) hergestellt, die auch der menschlichen Ernährung dienen könnten. Die dafür benötigten Rohstoffmengen sind enorm: Täglich werden in der EU Weizenmengen im Umfang von umgerechnet 15 Millionen Laib Brot zu Kraftstoff verarbeitet, dazu kommen große Mengen anderer Getreidesorten. Allein die in Deutschland im Jahr 2021 zu Biokraftstoff verarbeitete Getreidemenge (2,4 Millionen Tonnen) würde ausreichen, um ein Jahr lang knapp 16 Millionen vom Hunger
bedrohte Menschen mit einer täglichen Getreideration zu versorgen. Jeden Tag werden europaweit außerdem fast 19 Millionen Flaschen Raps- und Sonnenblumenöl und 14 Millionen Flaschen Soja- und Palmöl als Kraftstoff verbrannt. Fast 60% des in der EU konsumierten Rapsöls landet in Autotanks.
Der Biokraftstoffkonsum der EU beansprucht rund um den Globus insgesamt eine Fläche zwischen 5,1 und 8,9 Millionen Hektar, was zwischen 4,3% und 7,5% der gesamten Ackerfläche von EU und Großbritannien entspricht. Das ist keine kleine oder vernachlässigbare Fläche, sondern sogar deutlich mehr als die 4 Mio. Hektar ökologische Vorrangflächen, die die EU als Reaktion auf den Ukraine-Krieg nun vorübergehend für den Ackerbau zugelassen hat. Ein Biokraftstoff-Förderstopp wäre demnach ein weit größerer Gewinn für die Ernährungssicherung als die Freigabe der Artenschutzflächen – und das, ohne dabei für die Biodiversität unerlässliche Flächen freizugeben.“

Der Brief ist unter anderem unterzeichnet von: Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe; Prof. (em.) Dr. Dr. h.c. Alois Heißenhuber, TU München-Weihenstephan; Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer Germanwatch; Florian Schöne, Geschäftsführer Deutscher Naturschutzring (DNR); Leif Miller, Bundesgeschäftsführer NABU Deutschland; Matthias Lambrecht, Fachkampaigner Agrarwende Greenpeace; Prof. Dr. Peter Feindt, Professor für Agrar- und Ernährungspolitik an der Humboldt-Universität zu Berlin; Prof. Dr. Sebastian Lakner, Professur für Agrarökonomie Universität Rostock

20.09.2022
Von: FebL/PM

Fordern den Stopp der staatlichen Förderung von Biokraftstoffen.