Union und Agrarexport-Branche drängen auf Ausbau der Agrarexporte

Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag mit dem Titel „Vermarktung regionaler Lebensmittel stärken – Agrarexporte ausbauen“ hat deutliche Unterschiede in der Beurteilung der zukünftigen Ausrichtung der Agrarpolitik zwischen der Union auf der einen und der Ampel-Koalition sowie den anderen Oppositionsparteien auf der anderen Seite deutlich gemacht. Während die Union, wie schon der Antragstitel zeigt, die Notwendigkeit eines weiteren Ausbaus der Agrarexporte unterstreicht und dazu mit dem Antrag die Errichtung einer nationalen Agrar-Marketingagentur, in Anlehnung an die früher existierende Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA), vorschlägt, wird auf der anderen Seite die Exportausrichtung als „aus der Zeit gefallen“ bezeichnet und auf die Abhängigkeiten vom Weltmarkt(preis) und dessen negativen Einfluss auf die Erzeugerpreise bei uns hingewiesen. Deutliche Anstrengungen zur Exportförderung erhofft sich von der neuen Bundesregierung auch die German Export Association for Food and Agriproducts (GEFA), in der unter anderem der Bauernverband und über Branchenorganisationen wie German Meat zum Beispiel Tönnies und Westfleisch oder über die Export-Union für Milchprodukte das Deutsche Milchkontor (DMK) vertreten sind. Der Aufbau einer Agrarmarketingagentur muss nach Ansicht des agrarpolitischen Sprechers der CDU-CSU-Fraktion, Albert Stegemann, „Hand in Hand gehen mit einem klaren Bekenntnis zum Agrarexport.“ Etwa ein Drittel der Gesamtproduktion der deutschen Landwirtschaft werde exportiert. „Das heißt, in der Ernährungsindustrie wird jeder dritte Euro im Ausland verdient, in der Landtechnik sind es sogar 75 Prozent. Deswegen sage ich noch mal in Richtung der Koalitionsfraktionen: Verabschieden Sie sich endlich von Ihrer Skepsis gegenüber deutschen Agrarexporten“, so Stegemann im Bundestag. Für die grüne Abgeordnete Anne Monika Spallek bezieht sich der Unionsantrag „wieder fast ausschließlich auf Agrarexporte“ und dieser Ansatz ist für sie „doch komplett aus der Zeit gefallen“. Viele Schweinehaltungsbetriebe, die jetzt vor dem Aus stünden, haben „in den letzten 16 Jahren ja nur das umgesetzt, was ihnen immer wieder von Ihnen gepredigt worden ist“, sagt Spallek Richtung Union. „Sie haben auf den Weltmarkt gesetzt, auf Export, auf Masse, auf Intensivierung. Sie haben zum Teil mehrere Millionen Euro immer wieder in neue Ställe investiert und sich oft hoch verschuldet.“ Das Setzen auf den Export auf dem Weltmarkt „um jeden Preis“ sei verbunden „mit katastrophalen Folgen für die Höfe, für die Verarbeitungsstrukturen, für die ländlichen Räume und für die Umwelt.“ Es sei Zeit für einen wirklichen Systemwechsel. „Wir in der Ampel werden die regionalen Wertschöpfungsketten, das heißt die lokale Produktion, verbunden mit der lokalen Verarbeitung, verbunden mit der lokalen Vermarktung, vor Ort stärken“, so Spallek. Regionale Wertschöpfungsketten will auch die SPD-Abgeordnete Franziska Kersten. „Die Green-Deal- und die Farm-to-Fork-Strategie weisen uns auf europäischer Ebene praktisch den Weg in eine echte nachhaltige Landwirtschaft, die das Klima und Res-sourcen schont, hochwertige Lebensmittel erzeugt und für gut bezahlte Arbeitsplätze sorgt. Dieses Ziel erreichen wir aber nur, wenn wir auf regionale Wertschöpfungsketten und auf geschlossene Nährstoffkreisläufe achten“, erklärt Kersten. Sie sieht das Problem bei der Vermarktung, „weil die Landwirtschaftsbetriebe nicht frei in ihrer Preisgestaltung sind. Sie hängen auch nicht von örtlichen Marktbedingungen ab, sondern vom Weltmarkt, und die Getreidepreise werden zu großen Teilen an der Börse in Chicago festgelegt. Wenn zur Erntezeit nicht über eigene Lagerräume verfügt wird, muss man billig verkaufen; das ist das Problem.“ Für Ina Latendorf von der Linken fängt der Titel des vorliegenden Antrags mit „Vermarktung regionaler Lebensmittel“ gut an und lässt dann aber mit „Agrarexporte ausbauen“ stark nach. „Ein Ansinnen, als hätte es die Zukunftskommission Landwirtschaft nie gegeben. Ausufernde Exporttätigkeit – wie hier verlangt – ist im Zeitalter von Klimawandel und Nachhaltigkeit nicht angebracht“, so Latendorf. Wichtiger, als mehr Exporte heimischer Lebensmittel zu fordern, sei es, die weitgehende Selbstversorgung in Deutschland herzustellen. Dadurch würden kurze Lieferketten ermöglicht – vom Erzeuger bis zum Konsumenten. Der Ausbau regionaler Verarbeitungs- und Vermarktungsunternehmen wäre selbstverständlich eine förder-würdige Idee. „Aber zum Export auf Teufel komm raus über das Maß hinaus, das es jetzt schon gibt, sagen wir: Nein, nicht mit uns!“ Viel dringender, als den Export anzukurbeln, müsse sich die Marktstellung der Landwirtinnen und Landwirte ver-bessern. Und einen weiteren Punkt nennt Latendorf: „Der vorliegende Antrag ignoriert das Notwendigste: Die Landwirtschaft braucht jetzt die Zusicherungen, dass die Produkte nicht mehr unterhalb der Produktionskosten abverkauft werden müssen, sondern hier im Land konsumiert werden können.“
Der Antrag wurde zur weiteren Behandlung an die entsprechenden Ausschüsse überwiesen. Mehr Engagement beim Ausbau der Agrarexporte fordert nicht nur die Union sondern auch die German Export Association for Food und Agriproducts (GEFA). Laut GEFA stand Deutschland 2021 nach den USA, Frankreich und Brasilien auf Platz vier der größten Agrarexportnationen der Welt. Da die Exporteure „alleine keine Märkte öffnen können“, so die GEFA, fordern sie ein entsprechendes gemeinsames Handeln von und mit der Politik. „Mit Blick auf viele Märkte drängen wir seit Jahren auf konsequente Anstrengungen des Agrarresorts zu Marktöffnungen und zum Abbau von tarifären und / oder nichttarifären Handelsbeschränkungen. Ebenso benötigen die Unternehmen verstärkt Initiativen zur Marktöffnung in politisch sensiblen Ländern durch die höchsten Ebenen der Bundesregierung“, so Hartmut Kretschmer, Sprecher der GEFA und Manager Food Service Europe beim DMK.
01.02.2022
Von: FebL

Union und Agrarexport-Branche setzen auf Ausbau der Exporte, der global primär auf dem Seeweg erfolgt. Foto: Archiv