Smart aber fair – Digitalisierung muss alle mitnehmen

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung einen enormen Schub verliehen. Bisher profitieren jedoch vorrangig Industrienationen und große Tech-Unternehmen von digitalen Innovationen. Anlässlich des am 25. September erreichten fünften Jahrestags der Agenda 2030 der Vereinten Nationen mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) fordert der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO) eine faire Besteuerung von Digitalunternehmen, die Beteiligung der Zivilgesellschaft im Digitalrat der Bundesregierung und legt Handlungsempfehlungen vor, wie die Digitalisierung, unter anderem auch im Bereich der Landwirtschaft, alle mitnehmen kann. „Das Hauptanliegen der Bundesregierung bei ihrer Digitalstrategie muss es sein, im Sinne der Agenda 2030 alle mitzunehmen und niemanden zurückzulassen“, unterstreicht Dr. Bernd Bornhorst, Vorstandsvorsitzender von VENRO. „Ein wichtiger Schritt hierfür ist es, zivilgesellschaftliche Vertreter_innen in den Digitalrat der Bundesregierung zu berufen. Deren Ideen und Perspektiven brauchen wir, wenn wir die digitale Transformation sozial gerecht und ökologisch gestalten wollen.“ Der Digitalrat wurde im August von der Bundesregierung eingesetzt und soll laut Bundeskanzlerin Merkel „ein kleines, schlagkräftiges Gremium" sein, das mit Frauen und Männern aus der Praxis, "die uns antreiben, die uns unbequeme Fragen stellen", besetzt sein. Die Digitalisierung kann nach Ansicht von VENRO erheblich zur Verwirklichung der 17 globalen Nachhaltigkeitsziele beitragen. Sie habe zum Beispiel das Potenzial, globale Lieferketten transparenter zu machen, die Einkommensmöglichkeiten von Teepflücker_innen zu verbessern oder den Schutz legitimer Besitzrechte im Landsektor zu unterstützen. „Mit Sorge sehen wir jedoch, dass die digitale Kluft sich nicht nur zwischen dem globalen Süden und Norden, sondern auch zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen vergrößert“, erklärt Bornhorst. „In Ländern des globalen Südens ist der Schutz personenbezogener Daten zudem oft nicht gewährleistet. In repressiven Systemen können so etwa sensible Daten für politische Verfolgung missbraucht werden.“ Für eine nachhaltige Gestaltung der Digitalisierung ist aus Sicht von VENRO eine stärkere internationale Zusammenarbeit und mehr staatliche Regulierung unabdingbar. Dazu gehört neben einem ausreichenden Datenschutz ein Wettbewerbsrecht, dass Monopolbildungen verhindert und digitale Konzerne angemessen besteuert. „Digitalunternehmen müssen dort besteuert werden, wo sie aktiv sind“, fordert Bornhorst. „Diese Steuereinnahmen stehen dann den Staaten für dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und in die öffentliche Infrastruktur zur Verfügung.“ In einem jetzt von VENRO gemeinsam mit Mitgliedern des Netzwerks Agenda 2030, einem Zusammenschluss von Verbänden und Dachorganisationen der Zivilgesellschaft, der die Umsetzung der Agenda 2030 in, mit und durch Deutschland begleitet, vorgelegten „machbar-Bericht“ mit dem Titel „Smart, aber fair – wie Digitalisierung alle mitnehmen kann“ werden Handlungsempfehlungen auch mit Blick auf den Landwirtschaftssektor gegeben. „Auch in der Landwirtschaft muss Digitalisierung überall auf der Welt daran gemessen werden, ob sie Umweltschäden senkt und die Diversität von Anbauformen und Landschaften fördert. Unter anderem sollten Open-Data- und Open-Source-Systeme politisch unterstützt werden“, heißt es in dem Bericht, mit dem die Herausgeberinnen und Herausgeber „die Diskussion über nachhaltige Digitalisierung bereichern und auf dringenden Handlungsbedarf der Politik aufmerksam machen“ wollen.