Nebenwirkungen der EU-Agrarpolitik vermeiden

Der Entwicklungsausschuss des Europäischen Parlaments mahnt eine stärkere Berücksichtigung der Auswirkungen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) auf die Entwicklungsländer an. Mit Blick auf die derzeit laufenden Verhandlungen um eine Reform der GAP hat er dazu mit großer Mehrheit drei Stellungnahmen verabschiedet, um diese im Vertrag von Lissabon, der vertraglichen Grundlage des gemeinsamen Handelns in der EU, festgeschriebene Politikkohärenz (Policy Coherence for Development; PCD) zu erreichen. Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft sind vorrangige Bereiche der EU-Entwicklungszusammenarbeit, heißt es in den Stellungnahmen. Als Beispiel für mangelnde Politikkohärenz nennt eine Stellungnahme den Milchsektor. Infolge einer Überproduktion habe die GAP mit Beihilfen für die Einlagerung von Milchpulver reagiert. Diese ging einher mit einem erhöhten Export von Milchpulver nach Westafrika. Im Ergebnis war EU-Milch in Burkina Faso dreimal billiger als die lokale Milch. Um solchen Entwicklungen vorzubeugen, werden in den Stellungnahmen unter anderem folgende Punkte angemahnt:
- Ein klares Bekenntnis zu PCD, indem es als zehntes spezifisches Ziel zusätzlich zu den von der EU-Kommission genannten neun Zielen der neuen GAP hinzugefügt wird.
- Die systematische Überwachung der Auswirkungen der GAP auf die Entwicklungsländer und die Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens.
- Die Anpassung der GAP an die Agenda 2030, das heißt die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN (Sustainable Developement Goals; SDGs), und an das Pariser Klimaabkommen durch Einführung von Umwelt- und Klimazielen.
-Die Bekämpfung eines Überangebots durch ein freiwilliges Mengenreduktionsprogramm, dass bei schwerwiegenden Marktstörungen wirksam wird.
- Krisen im Milchsektor antizipieren und verhindern, indem die Überwachungsrolle der EU-Milchmarkt-Beobachtungsstelle (EU Milk Market Observatory) ausgebaut und ein Krisenmechanismus ausgelöst wird, wenn ein Ungleichgewicht entdeckt wird.
- Die Unterstützung der Entwicklung des Leguminosensektors in der EU zur Verringerung der Abhängigkeit von Sojaimporten.
- Konsultation mit einer breiten Palette von Interessenträgern bevor die strategischen GAP-Pläne der Mitgliedstaaten festgelegt werden. „EU-Agrarförderungen müssen endlich frei von Nebenwirkungen sein. Es ist ein Skandal, dass die Europäische Union Milchpulver auf dem Weltmarkt verhökert und die afrikanischen Märkte überschwemmt“, erklärt die EU-Abgeordnete Maria Heubuch, Sprecherin für Entwicklungspolitik der Grünen und Berichterstatterin für die drei Stellungnahmen. „Wir brauchen ein systematisches Monitoring der Auswirkungen der GAP auf Entwicklungsländer. Lokale Kleinbäuerinnen und -bauern, die Opfer dieser aggressiven EU-Exportpolitik werden, müssen die Möglichkeit haben bei der EU offiziell Beschwere einzureichen“, so Heubuch. Statt die Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit zu untergraben, sollte die GAP auf klimaschonende Anbaumethoden setzen und ihren Teil zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen beitragen. Für die sozialdemokratische Verhandlungsführerin Maria Noichl ist klar: „Die EU muss endlich aufhören zu glauben, dass sie verantwortlich ist, mit europäischen Flächen die ganze Welt zu ernähren“. Die Verantwortung der EU liege vielmehr darin, die Menschen im Binnenmarkt zu ernähren und nicht mit Überproduktion und Dumping-Preisen Drittmärkte zu zerstören. „Deshalb müssten wir ein zehntes Ziel offiziell in die GAP aufnehmen: Handeln nur auf Grundlage der 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele der UN“, so Noichl. Für sie gehören öffentliche Gelder in die Taschen derer, die öffentliche Leistungen erbringen. „Eine große Mehrheit der europäischen Bürgerinnen und Bürger will eine Wende hin zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft. Das heißt mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz, aber auch, dass wir uns unserer Verantwortung für den Rest der Welt bewusstwerden“, erklärt die SPD-Europaabgeordnete.
18.02.2019
Von: FebL/PM

Die Berichterstatterin für die drei Stellungnahmen zur Politikkohärenz der GAP, Maria Heubuch, bei der Abstimmung im EU-Entwicklungsausschuss. Foto: EU-Parlament