Molkerei Goldsteig hebt Glyphosatverbot auf und erntet Kritik von Naturschützern

Die Molkerei Goldsteig hat ihren Milchlieferanten vor vier Jahren die Anwendung des Totalherbizids Glyphosat für die Erzeugung ihres Wiesen- und Ackerfutters untersagt. Jetzt hat die Molkerei ihren Erzeugern mit Blick auf deren erhöhte Produktionskosten die Anwendung wieder erlaubt. Der BUND Naturschutz in Bayern kritisiert diese Entscheidung mit deutlichen Worten und fordert die Molkerei auf als Reaktion auf die gestiegenen Kosten den Milchviehaltern besser mehr Geld für ihre Milch zu zahlen. Die Molkerei verteidigt daraufhin ihre Entscheidung.

Der BUND Naturschutz in Bayern (BN) kritisiert, dass die Molkerei Goldsteig ihren Milchlieferanten den Einsatz von Glyphosat ab April wieder erlaubt. In einem Schreiben an ihre Erzeuger, das dem BN vorliegt, argumentiert die Molkerei laut BN damit, den Erzeugern damit eine Entlastung für die gestiegenen Futtermittel- und Düngepreise zu geben. Die Erlaubnis gelte bis auf weiteres.

Der BN-Vorsitzende Richard Mergner sieht dies als fadenscheinige Argumentation: „Statt die Landwirte, die in den letzten vier Jahren auch ohne Glyphosat zurechtkamen, wieder zu umweltschädlichem Verhalten zu animieren, könnte Goldsteig als wirkliche Unterstützung den Milchauszahlungspreis erhöhen. Damit können die Landwirte dann auch für die erbrachten Umweltleistungen über ihr Einkommen entlohnt werden. Mit der Aufhebung des Verbots werden Verbraucherversprechen gebrochen und die Weichenstellung in Richtung eines umweltverträglicheren Wirtschaftens mit weniger Pestizideinsatz verlassen."

Die BN-Agrarreferentin Marion Ruppaner betont, dass sich der Einsatz von Glyphosat zudem finanziell gar nicht auszahlt: „Von einer Entlastung der Landwirte durch den Glyphosateinsatz kann keine Rede sein, das gefährliche Pflanzenschutzmittel kostet ja schließlich Geld. Die Bewirtschaftung ohne den Einsatz von Glyphosat, etwa durch mechanische Verfahren wie so genannten Feingrubbern oder Federzinkeneggen, verbraucht zwar mehr Diesel, die Mehrkosten belaufen sich bei vorhandener Technik aber auf nicht mehr als 20 oder 30 Euro pro Hektar. Das entspricht in etwa den Kosten für die Glyphosatmittel – das Ganze ist also ein Nullsummenspiel. Dies steht zudem in keiner Relation zum Imageschaden, den die rund 3000 Milchlieferanten erleiden, wenn sie wieder Glyphosat einsetzen - von den Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ganz zu schweigen!"

Goldsteig: Milchpreiserhöhungen nicht durchsetzbar
Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk (BR) hat die Molkerei auf die Vorwürfe reagiert. Als Hauptgrund für die Kehrtwende gibt Goldsteig auf BR-Anfrage an, die Rohstofflieferung und die Versorgung sicherstellen zu müssen. Die Menge der von den rund 2.650 Goldsteig-Landwirten angelieferten Milch gehe seit 2021 zurück, bisher um 2,5 Prozent und wahrscheinlich auch noch weiter, so Goldsteig-Geschäftsführer Andreas Kraus. Das liege an den schon letztes Jahr stark gestiegenen Preisen für Dünger und Kraftfutter.

Inzwischen seien durch die Folgen des Ukrainekriegs die Preise geradezu "explodiert" und teils um 100 oder 200 Prozent gestiegen, auch noch in anderen Bereichen wie etwa dem Kraftstoff für Landmaschinen. Das führe zum Beispiel dazu, dass die meisten Landwirte einsparen müssen, wo sie nur können, auch bei Kraftfutter und Dünger, was wiederum am Ende die Milchleistung der Kühe und damit die an die Molkerei gelieferte Milchmenge sinken lässt.

Mit der Aufhebung des Glyphosatverbots wolle die Molkerei dazu beitragen, die Ernteerträge vor allem bei selbstangebauten Futterpflanzen wie Mais, Raps oder Gerste zu steigern. Damit stütze man die Landwirte. Grünland, also Wiesen, seien nicht betroffen. Das Ganze werde aber sowieso nicht reichen, um die Kostenexplosion komplett auszugleichen, betonte laut BR Andreas Kraus.

Zur BN-Forderung nach einem erhöhten Milchauszahlungspreis erklärt Kraus gegenüber dem BR: "Wir haben den Milchauszahlungspreis an die Landwirte seit 2021 schon von 34,5 Cent auf jetzt 43,5 Cent erhöht." Weitere Milchpreiserhöhungen seien aber nicht endlos auf dem Markt und beim Verbraucher durchsetzbar. Zudem sei die Molkerei an langfristige Verträge und damit auch an Preisgarantien bei den Abnehmern für den Käse gebunden.

BN zum Hintergrund
Zu Glyphosat-Hintergrund heißt es seitens des BN: Glyphosat ist der meist genutzte Wirkstoff in Unkrautvernichtungsmitteln und kommt auf ca. 31 Prozent der Acker- und 4 Prozent der Grünlandflächen in Deutschland zum Einsatz. In Bayern erfolgt eine Glyphosat-Anwendung nach Angaben der Landesanstalt für Landwirtschaft auf zirka 11 Prozent der Ackerfläche und 1 Prozent der Grünlandfläche. Glyphosatrückstände finden sich inzwischen in vielen Oberflächengewässern und in Böden. Auch in Lebensmitteln, wie Bier oder Brot, werden zunehmend Rückstände von Glyphosat und seinem Abbauprodukt Aminomethylphosphonsäure (AMPA) nachgewiesen. In die Kritik kam das Mittel nicht zuletzt, weil es im Verdacht steht, krebserregend für den Menschen zu sein.

Glyphosat wirkt auf alle Grünpflanzen und zerstört dadurch Lebensräume und Nahrungsquellen für viele Tiere, z.B. Insekten. Glyphosat vernichtet daher Biodiversität, nicht nur bei Pflanzen, sondern auch bei Tieren und Mikroorganismen. Laut Umweltbundesamt führt der intensive Einsatz hochwirksamer Breitband-Herbizide wie Glyphosat zwangsläufig zur Verarmung der Pflanzenwelt. Vielen Vogelarten, wie Feldlerche, Goldammer oder Rebhuhn, aber auch Säugetier- und andere Tierarten der Agrarlandschaft wird so die Nahrungsgrundlage weitestgehend entzogen.

 

 

19.04.2022
Von: FebL/PM

Die Molkerei Goldsteig hat auch in ihrer Werbung auf das Glyphosatverbot hingewiesen. Bildquelle: Molkerei Goldsteig