Kommentar: Was wir zukünftig essen, geht uns alle an!

15 Jahre „Wir haben es satt!“, diesmal auch noch wegen der Maul- und Klauenseuche ohne die immer so eindrucksvollen Trecker. Danke an die Bäuerinnen und Bauern und alle Verbündeten, die am 18. Januar für eine mutige Agrarpolitik auf der Straße waren. Man kann fragen: Warum eigentlich noch?  Reicht es nicht langsam, sind die Botschaften nicht bekannt, die erkennbaren agrarpolitischen Fortschritte zu klein, die Menschen müde? Aber es wäre falsch, sich jetzt einfach nur die Decke über den Kopf zu ziehen. Im Gegenteil: In einem Wahlkampf, in dem die Parteien scheinbar im Wettstreit darum stehen, wer am meisten der AfD nach dem Mund redet und wo agrarpolitische Themen – oder auch Klima- und Umweltschutz und brennende soziale Fragen – quasi keine Rolle spielen vor lauter wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit und menschenfeindlicher Migrationsdebatten, da können wir nicht einfach zu Hause bleiben und hoffen, dass das Ergebnis der Wahl schon nicht ganz so rechts sein wird, wie die Prognosen es erwarten lassen.


Nachdem im letzten Frühjahr und Sommer in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit und Gründlichkeit die Agrarpolitik ins letzte Jahrtausend zurückgedreht wurde, bedeutet diese Bundestagswahl auch eine agrar- und ernährungspolitische Richtungsentscheidung. Wollen wir wirklich über Bord werfen, was in mühsamer Kleinst- und Kompromissarbeit errungen wurde? Und so tun, als wären Klimakrise, Artensterben, Kriege und Hunger vorübergehende Phänomene, die schon weggehen, wenn wir uns nur fest genug die Augen und Ohren zuhalten?

Was wir brauchen, sind klare Zukunftspläne. Und, so simpel es auch klingen mag, es braucht den demokratischen Wettstreit um die besten Ideen für den Erhalt vieler und vielfältiger Höfe. Darüber, wie Preise fairer gestaltet werden, die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern endlich gerecht entlohnt wird. Darüber, wie wir uns zukünftig ernähren wollen, wo unser Essen herkommen soll, wie die Tiere gehalten werden sollen, wie auch die neuen Gentechniken reguliert bleiben, das Klima geschützt, die Biodiversität erhalten. Wie junge Menschen an Land kommen und der ländliche Raum ein Ort der Vielfalt und Demokratie bleibt. In den verschiedenen Kommissionen der aktuellen und letzten Legislaturperiode, wie der Zukunftskommission Landwirtschaft, wurde vieles längst ausgehandelt und aufgeschrieben. Dass die Ampel die Umsetzung sträflich vernachlässigt hat, ist bitter. Wer auch immer zukünftig die neue Regierung stellen wird, darf diesen Fehler auf keinen Fall wiederholen.


Deswegen war diese 15. „Wir haben es satt!“-Demonstration so wichtig, und deswegen ist es auch weiterhin wichtig, auf die Straße zu gehen. Gerade im Wahlkampf, aber auch darüber hinaus: Wir überlassen unsere Zukunft nicht der AfD & Co. Wir erheben den Anspruch, dass unsere Themen verhandelt werden, dass unsere Sorgen in der Politik Gehör finden. Wir müssen Solidarität höher stellen als Ausgrenzung, Zusammenhalt höher als Hass und Hetze. Und: Wir alle werden zukünftig essen wollen und dafür braucht es Bäuerinnen und Bauern, die das Essen anbauen. Daher ist klar: Zukunft braucht Höfe!